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Weltraum

Die Schweizer Armee will bis zu 15 Satelliten ins Weltall schiessen - und zwar von einem ungewöhnlichen Ort aus

Die Schweizer Armee geht ins All. Sie will 850 Millionen Franken investieren - und plant für Soldaten Handykommunikation mit Satelliten.
Schon bald sollen Schweizer Satelliten in der niedrigen Erdumlaufbahn fliegen.
Bild: Symbolbild: Getty Images

Die Zahlen sind eindrücklich. Seit 1957 haben sich im Weltall 23'406 Satelliten angesammelt. 16'338 kreisen um die Erde, 12'960 sind operativ. Dazu kommen 48'700 Objekte im Weltraum.

Es ist die Schweizer Armee, welche diese Zahlen erhoben hat, seit sie 2018 im Weltraum aktiv wurde. Sie will nun massiv investieren in ihre Weltraumaktivitäten. 850 Millionen Franken sind dafür bis in die 2030er Jahre vorgesehen. Ab 1. Januar 2026 gibt es offiziell das Kompetenzzentrum Weltraum mit Oberst im Generalstab Ludovic Monnerat als designiertem Kommandanten. Inoffiziell existiert das Zentrum seit dem 1. April. Ihm stehen 222 Personen zur Verfügung.

Der Krieg in der Ukraine zeigt: Weltraumgestützte Kommunikation, Aufklärung und Navigation sind entscheidend geworden. Die Schweiz ist hier allerdings vollständig auf ausländische Anbieter und auf zwischenstaatliche Organisationen wie die Europäische Weltraumorganisation ESA angewiesen.

Das soll sich ändern. Mithilfe von Schweizer Unternehmen wie Swisscom und Ruag und Hochschulen wie ETH Zürich und Lausanne oder die Universität Bern will die Armee Schweizer Anwendungen schaffen und damit die Abhängigkeit reduzieren.

Die Schweiz hat gute Voraussetzungen für ihre Weltraum-Offensive: Was die staatlichen Investitionen betrifft, gehört sie weltweit zu den zwanzig führenden Raumfahrtnationen. Über achtzig Schweizer Raumfahrtunternehmen und Start-ups beschäftigten im letzten Jahr rund 2000 Mitarbeitende. Der Umsatz lag 2022 bei 280 Millionen Franken.

Kernstück der Offensive sollen zehn bis 15 Satelliten sein. Die Schweizer Armee will sie im Verbund mit anderen Departementen und Ämtern wie etwa dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation des Wirtschaftsdepartements entwickeln lassen. Mit Swissto12 verfügt die Schweiz über ein Unternehmen, das schon heute Kleinsatelliten baut.

Die Satelliten sollen nicht aus der Schweiz ins Weltall geschossen werden, sondern aus Kourou in Französisch-Guyana. Dort betreibt die ESA Europas wichtigsten Weltraumbahnhof. Die Schweiz finanziert ihn mit. Dort starten auch die von der ESA entwickelten Trägerraketen Ariane und Vega.

Die Armee plant zudem, ihre Soldaten künftig über «Guardian» direkt mit Satelliten kommunizieren zu lassen. «Guardian» ist ein sicheres Schweizer Handy, das die Ruag MRO, der Technologiepartner der Armee, in enger Zusammenarbeit mit Wisekey entwickelt hat, einem Genfer Unternehmen für Cybersecurity. Für nicht heikle Satellitenkommunikation sollen die Soldaten künftig sogar ihr normales Handy benutzen dürfen.

Diese fünf neuen operationellen Fähigkeiten will die Armee im Weltraum entwickeln:

1. Das Lagebild im Weltall

Die Armee soll künftig zwei Dinge wissen. Erstens: Was passiert im Weltraum? Zweitens: Wann und wie kann die Armee aus dem Weltraum beobachtet und abgehört werden? Dank einer selbst entwickelten App hat die Armee schon heute ein ziemlich genaues Lagebild des Weltraums. Wenn es um genaue Positionsdaten zu Satelliten geht, hat die Armee allerdings eine Fähigkeitslücke. Sie will mit eigenen Sensoren und Bodenstationen unabhängiger werden von Daten des US-Weltraumkommandos.

2. Die Erdbeobachtung

Es geht um Erkundung, Aufklärung und Überwachung aus dem Weltraum, auch im Zusammenhang mit möglichen Unwettern. Dafür will die Armee 10 bis 15 Satelliten in die untere Erdumlaufbahn schicken. Sie sollen die Interessengebiete pro Tag 10- bis 20-mal überfliegen. Die Armee will dadurch Lageveränderungen in einem Umkreis von 500 Kilometern rund um die Schweiz frühzeitig erkennen - auch, um etwa Einsätze des künftigen Kampfjets F-35 rechtzeitig zu planen.

3. Die Telekommunikation

Die Armee will über Satelliten eine widerstandsfähige Kommunikation aufbauen, die in Konfliktsituationen einen schnellen und sicheren Austausch ermöglicht. Grundlagen für den Aufbau dieser Fähigkeiten sollen jetzt erarbeitet werden.

4. Die präzise Navigation

Globale Satellitennavigationssysteme sind unverzichtbar für militärische Einsätze. Das zeigt die Ukraine. Auch die Schweiz hat die Absicht, sich für ihre Truppen eine präzise Überprüfung von Geopositionierungen zu sichern. Bisher nutzt die Armee das System Agnes von Swisstopo. Deren 31 Antennen-Standorte sind aber fix und öffentlich bekannt. Deshalb gilt das Netz als verwundbar. In Konfliktsituationen bräuchte es mobile Antennen.

5. Die Gegenmassnahmen.

Die Armee soll die Fähigkeit aufbauen, Truppen vor Satelliten aus dem Weltraum zu schützen und Satelliten zu täuschen und zu stören. Zurzeit sind hier keine Kompetenzen vorhanden.

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