Bei der SP und bei den Grünen liegen die Nerven blank. «Künftig sollen Schweizer Waffen wieder in Länder mit Bürgerkrieg wie den Sudan sowie an Staaten mit gravierenden Menschenrechtsverletzungen wie Saudi-Arabien geliefert werden dürfen», lässt sich SP-Nationalrat Fabian Molina in der Mitteilung der SP zitieren. Und Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey spricht von einem «Geschenk an die Rüstungsindustrie». SP wie Grüne künden schon jetzt das Referendum an, sollte das Parlament zustimmen.
Doch: Was ist geschehen? Mitte, FDP und SVP haben in der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats mit 16:9 Stimmen eine neue Lösung für eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes durchgebracht. Sie umfasst im Wesentlichen zwei Punkte.

Erstens die Waffenausfuhr: Sie wird deutlich erleichtert. Im Falle ausserordentlicher Umstände zur Wahrung der aussen- und sicherheitspolitischen Interessen der Schweiz soll der Bundesrat beim Waffenexport künftig von den Bewilligungskriterien für Auslandsgeschäfte abweichen können. Zudem sollen Länder, die ein ähnliches Exportregime kennen wie die Schweiz, selbst dann mit Kriegsmaterial beliefert werden können, wenn sich diese Länder in einem bewaffneten Konflikt befinden.
Zweitens die Weitergabe von Kriegsmaterial: Geht es nach der Kommission, soll die Schweiz künftig auf Nichtwiederausfuhr-Erklärungen verzichten. Bisher musste jedes Land eine solche Erklärung unterzeichnen, das Kriegsmaterial kaufte. Der Bundesrat soll aber Erklärungen von staatlichen Endempfängern verlangen können. Nur ein Land kann nicht profitieren: die Ukraine. Das war gemäss Quellen eine Bedingung der SVP.
Die Kommission lässt keinen Zweifel offen, weshalb die Mehrheit diese Schritte beschlossen hat. Sie will die Verteidigungsfähigkeit der Armee stärken. Dafür sei eine starke Rüstungsindustrie zwingend.

Es waren Parlamentarier und Fraktionsspitzen von Mitte, FDP und SVP, welche diese neue Lösung in intensiven Gesprächen erarbeiteten. Selbst Christoph Blocher als Initiator der Neutralitätsinitiative wurde konsultiert. Diese will die SVP mit der Lockerung nicht torpedieren.
Bei der Linken ist der Ärger gross. «Mitte und FDP stimmen einer Lösung zu, die allen Despoten hilft, nicht aber der Ukraine», kritisiert Molina. «Und die SVP stimmt einer Lösung zu, die neutralitätspolitisch unhaltbar ist.»
Welche Rolle spielte Swissmem?
Fragt sich, welche Rolle Swissmem für diese bürgerliche Lösung gespielt hat, der Verband für KMU und Tech-Industrie. Es kursieren Gerüchte, wonach Direktor Stefan Brupbacher die Lösung massgeblich erarbeitet haben soll. Brupbacher betont: «Wir sind seit Jahren mit allen lösungsorientierten Parteien und Gruppierungen in Kontakt und nun froh, dass diese eine gemeinsame Lösung gefunden haben.»
Brupbacher hat keine Angst vor einem Urnengang, wie ihn die Linke bereits ankündigt. «Diese Lösung ist mehrheitsfähig vor dem Volk.» Die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats habe bereits im August beschlossen, dass wie nach bisherigem Gesetz keine Staaten beliefert würden, die Menschenrechte schwerwiegend und systematisch verletzten und in denen ein hohes Risiko bestehe, dass diese Güter gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt würden. Ebenso ausgeschlossen blieben Staaten, bei denen ein hohes Risiko bestehe, dass das Material an einen unerwünschten Endempfänger weitergegeben werde.
In ihrer Medienmitteilung betont Swissmem, die Beschlüsse der Kommission seien «gute Nachrichten für die Rüstungsindustrie in der Schweiz» – und hält unmissverständlich fest: «Ohne diese Gesetzesanpassungen kann sie wirtschaftlich nicht überleben.»

