notifications
Medienkolumne

Für diesen Journalisten war Blocher das grösste Feindbild – jetzt hat er seine Meinung geändert

Frank A. Meyer, Ringiers erster Journalist und einst selbst bei Bundesräten gefürchtet, ist nach rechts gerückt. Verleger Michael Ringier und Ex-Spitzenpolitiker Christian Lindner suchen nach Erklärungen.

In einer meiner ersten Arbeitswochen bei Ringier – das ist 20 Jahre her – kam Frank A. Meyer zu mir und sagte: «Ich lese Ihnen nun meine Kolumne vor.» Dann wollte der mächtigste Journalist des Verlags wissen, was ich davon halte. «Toll geschrieben, aber schon wieder gegen Blocher? Immer dasselbe», antwortete ich als naiver Neuling. Die Kolumne erschien unverändert im «SonntagsBlick».

Damals war Blocher noch der «Führer»: Frank A. Meyer (rechts) mit Autor Patrik Müller.
Bild: Archivbild: Fabrizio Bensch

Blocher war Meyers grösstes Feindbild, in den Kolumnen nannte er ihn «Führer». Diese Woche gab Meyer der NZZ ein Interview. Über Blocher sagt er: «So wie er jetzt ist, war er damals nicht. Inzwischen ragt er fast heraus.»

Meyer, 81,  lobt Blocher, 85. Hat sich sein Kompass verschoben? Was ist mit ihm passiert?

Nichts, er sei nur konsequent, lautet die Erklärung von Verleger Michael Ringier: «Frank, du schreibst ein Leben lang gegen Intoleranz an - und die entdeckst du jetzt öfter auf der links-grünen Seite.» Das sagte er an der Vernissage zu Meyers neuem Buch.

Statt über den «Führer» zieht Meyer in seinen neueren Kolumnen gegen die SP-Führung vom Leder, diese «akademisch-anmassende Links-Elite», die sich in ihrer «jugendlichen Vulgarität» nur noch mit «Kolonialismus, Rassismus, Klimatismus, Queerismus, natürlich auch mit Genderismus» befasse.

Die «akademisch-anmassende Links-Elite» ist jetzt sein Feindbild: Frank A. Meyer.
Bild: Alex Spichale

Konsequenter Kampf gegen Intoleranz? Oder «Weiterentwicklung», wie Christian Lindner, deutscher Ex-Finanzminister, diagnostizierte? Er pries seinen Freund dafür: «Frank, du vermagst auch dich selbst immer wieder zu überraschen.»

Überraschend für andere ist, wie Meyer seinen Meinungsumschwung deutet. Nicht mit Konsequenz, nicht mit Weiterentwicklung. Im Interview sagte er über Blocher: «Vielleicht habe ich mich getäuscht.»

Mehr zum Thema: