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Umstrittener Auftritt

Einreiseverbot für Rechtsextremisten: Fedpol-Chefin überstimmte ihre Mitarbeiter

Erst nach einer Intervention der Chefin erliessen die Behörden ein Einreiseverbot für den bekannten Rechtsextremisten Martin Sellner. Die Kommission rügt nun das Vorgehen beim Einreiseverbot.

Die Aufregung war gross. Der bekannte Rechtsextremist Martin Sellner wollte Ende 2024 auf Einladung der Jungen Tat einen Vortrag halten. Der Österreicher Sellner gilt als einer der führenden Köpfe der identitären Bewegung und wollte im Kanton Zürich über «Remigration» sprechen, damit gemeint ist die Rückschaffung fast aller Ausländer.

Doch soweit kam es nicht. Gegen Sellner wurde ein Einreiseverbot verhängt. Als er in Kreuzlingen am Veranstaltungstag doch Schweizer Boden betrat, wurde er verhaftet, kurzzeitig festgesetzt und anschliessend wieder über die Grenze gebracht.

Die Schweizer Behörden hatten Martin Sellner mit einem Einreiseverbot belegt.
Bild: Keystone

Jetzt zeigt sich: Wie die Einreisesperre zustande gekommen ist, ist mindestens leicht fragwürdig. In einer ersten Runde hatten sowohl das Staatssekretariat für Migration (SEM), die Bundespolizei Fedpol und der Nachrichtendienst NDB noch befunden, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Einreiseverbots nicht erfüllt seien.

Direkte Beschwerde bei der Direktorin

Nachdem die Kantonspolizei Zürich, die das Gesuch gestellt hatte, über den Bescheid informiert wurde, protestierte der zuständige Kommandant direkt bei der damaligen Fedpol-Chefin Nicoletta della Valle. Mit Erfolg. Sie wies die zuständige Abteilung an, entgegen der vorgängigen Empfehlung doch ein Einreiseverbot zu verhängen.

Della Valle begründet ihr Machtwort unter anderem damit, dass die Mitarbeitenden des zuständigen Bereichs «zwar dossierfest seien, aber häufig die Realitäten der betroffenen Kantone» ausblendeten. Sie als Direktorin habe «eine breitere Perspektive» und ein «komplett anderes Bild» gehabt. Das geht aus einem Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats hervor.

Diese Kommission verteilt nun mehrere Rüffel an die Beteiligten in diesem Verfahren. So müssten unter anderem die «amtsinternen Entscheidkompetenzen» klar geregelt werden. Auch müssten die Entscheide klar dokumentiert werden. Der Ablauf zwischen der Ablehnung des Gesuchs und dem schlussendlichen Erlass der Verfügung im Fall Sellner sei «gar nicht dokumentiert». Auch in einem weiteren Fall vom Januar 2025 stellte die Kommission mehrere Mängel fest.

Sie bemängelt auch ganz generell, dass Nicoletta della Valle den ersten Entscheid umgestossen hat. Die Ständeräte, die den Fall untersuchten, konnten nicht nachvollziehen, warum es überhaupt zu einer Wiedererwägung des Falls gekommen sei. «Problematisch ist dabei insbesondere der Zeitpunkt und die Art des Eingreifens der Direktorin», heisst es im Bericht. Die Gründe für die Neubeurteilung seien unklar. So könne der Eindruck entstehen, der Entscheid sei die Folge von «möglicherweise politisch motivierter Einflussnahme».

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