
Jetzt kann es schnell gehen. Die Initiative zur 10-Millionen-Schweiz soll keinen Gegenvorschlag erhalten. Damit kommt das Geschäft wohl bereits im nächsten Jahr an die Urne.
Wie bereits der Nationalrat hat nun auch die ständerätliche Kommission entschieden, dass für die SVP-Initiative kein alternativer Vorschlag ausgearbeitet werden soll. Mehrere Pläne wurden besprochen und dann aber mit deutlichen Mehrheiten abgelehnt.
Geprüft hat die Kommission etwa, ob eine Zuwanderungsabgabe eingeführt werden soll oder ob vor einer Kündigung der Personenfreizügigkeit noch einmal das Volk befragt werden müsse. Allerdings kam die Mehrheit zum Schluss, dass ein solcher Gegenentwurf «keinen Mehrwert» habe und auch ein «falsches Signal» aussende. Hinter dem Gegenvorschlag stehen die Mitte-Parlamentarier. Bereits bei den Beratungen im Nationalrat hatten diese Kreise versucht, der Initiative etwas entgegenzusetzen.
Die Befürworter haben einen Vorsprung
Das hängt vor allem damit zusammen, dass bei der Mitte namhafte Kreise davon ausgehen, dass die Vorlage eine Mehrheit finden könnte. Mit dem Gegenvorschlag soll der Initiative den Wind aus den Segeln genommen werden. Erste Umfragen zeigen einen leichten Vorsprung für die Befürworter. Besonders die automatische Kündigung der Personenfreizügigkeit, die die Schweiz einreichen müsste, wenn vor 2050 mehr als 10 Millionen Menschen in der Schweiz leben, macht vielen Politikern Bauchschmerzen. Das würde den bilateralen Weg mit der EU gefährden bis verunmöglichen.
Insgesamt beurteilt die Kommission die Initiative nicht als geeignet, «um den Herausforderungen der Zuwanderung und des Bevölkerungswachstums» zu begegnen. Dafür brauche es «andere Massnahmen». Welche das sind, wurde in der Staatspolitischen Kommission nur ansatzweise diskutiert, wie Präsident Daniel Fässler (Mitte/AI) sagt.
Er selbst gehört zu den Kräften, die für einen Gegenvorschlag weibelten. Aus seiner Feder stammt der Vorschlag, dass die Kündigung nicht automatisch erfolge, sondern erst eine neue Volksabstimmung stattfinden muss. Für ihn ist es «ein hoher Poker», den die Gegner der Initiative hier aufziehen. Gerade in Bezug auf das EU-Paket biete das jetzige Vorgehen grosse Gefahren, sagt Fässler: Sage die Schweiz Ja zu der Initiative, ist eine Abstimmung über die neuen Verträge eigentlich hinfällig.
Letzte Chance für einen Gegenvorschlag
Am Ende war das Verdikt in der Kommission deutlich. Es hätte aber auch kippen können, ist Fässler überzeugt. In Gesprächen vor der Sitzung habe er viel Unterstützung für einen Gegenvorschlag gespürt. «Am Ende haben dann aber wohl taktische Spiele und Parteipolitik den Ausschlag gegeben», sagt Fässler. Der Ständerat wird nun an der Wintersession final entscheiden, ob es doch noch einen Gegenentwurf gibt.
Einer, der eine Idee hatte, wie die Initiative bekämpft werden könnte, ist Mathias Zopfi (Grüne/GL). Er brachte im Vorfeld der Sitzung einen Inländervorrang bei der Wohnungssuche aufs Tapet. Wer seit Längerem in der Schweiz wohnhaft ist, soll im Bewerbungsverfahren für eine neue Bleibe besser gestellt werden. Ein ähnlicher Mechanismus wird derzeit gerade im Kanton Zürich diskutiert. Dort hat die SVP eine entsprechende Initiative eingereicht. Auch in anderen Kantonen und Gemeinden gibt es ähnliche Bestrebungen.
Der knappe Wohnraum und die steigenden Mieten sind regelmässig eine der Hauptsorgen, wenn die Befindlichkeit der Bevölkerung abgefragt wird. Gerade in Städten schnappen regelmässig wohlhabende Expats der lokalen Bevölkerung die Wohnungen weg. Wann und ob Zopfi diesen Vorstoss einreicht, ist aber noch offen. Gegenüber der «Sonntagszeitung» hatte er gesagt, dass er das Thema lieber unabhängig von der SVP-Initiative einbringen will. Für Rückfragen war er am Dienstag nicht erreichbar.
Soll er als Instrument gegen die Vorlage taugen, so steht Zopfi unter einem gewissen Zeitdruck. Geht alles nach Zeitplan, ist ein Abstimmungstermin im kommenden Juni bereits realistisch.


