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Zuwanderung

Deutliche Abfuhr im Nationalrat: SVP steht mit 10-Millionen-Schweiz-Initiative auf verlorenem Posten

In der Debatte zur 10-Millionen-Schweiz-Initiative der SVP haben sich 115 Mitglieder des Nationalrats zu Wort gemeldet. Die Gegner warnten vor einem «Hochrisikoexperiment».
Fast alle Mitglieder der SVP-Fraktion im Nationalrat meldeten sich zu Wort. Im Bild: SVP-Politiker Pascal Schmid
Bild: Alessandro della Valle/Keystone

Die Schweiz soll nicht mehr als 10 Millionen Einwohnende haben. Die sogenannte Nachhaltigkeitsinitiative der SVP will das Bevölkerungswachstum in der Schweiz deckeln. Bis 2050 soll die Wohnbevölkerung diese Marke nicht überschreiten.

Bereits am Montag startet der Nationalrat die Debatte, am Donnerstag folgte die Fortsetzung. Bis auf acht Mitglieder stand die gesamte SVP-Fraktion hinter dem Rednerpult.

«Unser Wohlstand wird durch die masslose Zuwanderung aufgefressen», sagte Sandra Sollberger (SVP/BL). Sie betonte: «Die Nachhaltigkeitsinitiative ist zwingend nötig. Zum Schutz unserer Umwelt, unserer Lebensqualität, unseres Wohlstandes.»

Die SP hielt dagegen: «Es gibt keine Massenmigration, weder in der Schweiz noch nach Europa. Die Asylgesuche gehen zurück, die Anzahl einwandernder Menschen auch», so Tamara Funiciello (SP/BE).

Insgesamt ergriffen 115 Nationalräte und Nationalrätinnen das Wort, mehr als die Hälfte der grossen Kammer. Die Debatte drehte sich nicht nur um das Bevölkerungswachstum, sondern auch um die Frage, wie sich die Schweiz in Zukunft positionieren soll: als offene Volkswirtschaft oder als Land mit streng begrenzter Zuwanderung.

Lange und hitzige Debatte: Wegen der vielen Rednerinnen und Redner wurde die Debatte vom Montag am Donnerstag weitergeführt
Bild: Alessandro della Valle/Keystone

Zuwanderung begrenzen

Die Initianten warnten vor den Folgen der Zuwanderung: Mehr Menschen würden zu überlasteten Schulen, steigenden Mieten, strapazierten Sozialsystemen, zugebauter Natur, mehr Stau und überfüllten Züge führen.

Um die 10-Millionen-Marke einzuhalten, sieht die Initiative einschneidende Massnahmen vor. Ab 9,5 Millionen Einwohnenden soll die Zuwanderung im Asylbereich massiv beschränkt werden. Ab 10 Millionen wäre gar die Kündigung der Personenfreizügigkeit mit der EU vorgesehen.

Andere Parteien warnen

Alle anderen Parteien lehnen die SVP-Initiative ab. Linke und liberale Vertreter warnten, gerade die Kündigung der Personenfreizügigkeit gefährde die Schweizer Wirtschaft. «Angesichts der geopolitischen Lage und der wirtschaftlichen Situation unseres Landes wäre eine solche Brückensprengung zu unseren Nachbarn ein Hochrisikoexperiment mit fatalem Ausgang», so Fabian Molina (SP/ZH).

Die Gegenseite findet: Die Zuwanderung ist nötig - damit Spitäler, Pflegeheime und Kitas nicht stillstehen. Auch Justizminister Beat Jans (SP) warnte: «Die Initiative löst keine Probleme, sie schafft Probleme und sie gefährdet Wohlstand und Sicherheit.»

Gegenvorschlag ohne Rückenwind

Der einzige Gegenvorschlag kam von Gerhard Pfister. Der Zuger Mitte-Nationalrat forderte eine Schutzklausel zur Steuerung der Zuwanderung, ohne gleich die Personenfreizügigkeit zu kündigen. Die Zuwanderung soll sich beispielsweise stärker am tatsächlichen Bedarf an Arbeitskräften orientieren. Sein Vorschlag erhielt kaum Zustimmung.

Mit 121 zu 64 Stimmen empfahl der Nationalrat die SVP-Initiative zur Ablehnung. Voraussichtlich im nächsten Juni kann das Volk abstimmen.

Die SVP gegen den Rest: Alle anderen Parteien sind gegen die sogenannte Nachhaltigkeitsinitiative
Bild: Alessandro della Valle/Keystone

Seit Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU im Jahr 2002 ist die Bevölkerung in der Schweiz von 7,3 auf 9,1 Millionen gewachsen. Das Bundesamt für Statistik rechnet damit, dass die Schwelle von 10 Millionen ab 2040 überschritten wird.

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