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Sprachliche Moden und Marotten

Wenn der Himmel die Obergrenze ist

Der Gebrauch des Englischen in der Alltagssprache löste kürzlich eine Kontroverse aus. Dabei ist der Kampf um die Sprachhoheit längst entschieden.

Auch die Behörden setzen immer öfter auf Englisch.
Bild: Sandra Ardizzone

Der sprachinteressierte Teil der Leserschaft hat bestimmt mitbekommen, dass neulich im Kantonsrat von Appenzell Ausserrhoden über den Gebrauch des Englischen in unserer Alltagssprache geschimpft wurde. Ein Ratsmitglied ermahnte seine Kolleginnen und Kollegen, im Gebrauch englischer Fachbegriffe oder englischer Redeweisen zurückhaltender zu sein. Nicht alle Menschen im Kanton, so der Politiker, verstünden Englisch.

Das Votum stiess in Onlineforen auf grosses Echo. Wie immer, wenn es darum geht, wer wo wie zu reden hat, wollen alle mitreden. Das ist auch richtig so, denn gerade die Sprechenden sollen bestimmen dürfen, wie gesprochen wird. Im erwähnten Fall waren die Meinungen geteilt. Etwa die Hälfte der Reaktionen fiel lobend aus. Endlich traue sich jemand, auf den Tisch zu hauen und für die eigene Sprache einzustehen, meinten viele. Ungefähr gleich viele waren der Ansicht, der betreffende Politiker habe die Zeichen der Zeit nicht verstanden und träume von einer längst vergangenen Welt, die nie mehr zurückkomme.

Vermutlich haben beide Lager ein bisschen recht. Tatsächlich ist das Englische längst in unserer Sprach­region beheimatet. Begriffe wie Sandwich, okay, sorry, Shopping oder Weekend sind aus unserer Umgangssprache nicht mehr wegzudenken. Da bringt es nichts, dagegen anzukämpfen, weil dieser Kampf längst entschieden ist.

Gleichzeitig scheint es verständlich, dass es mit dem Englischen im Deutschen manchen Zeitgenossen zu viel wird. Dem exzessiven Gebrauch englischer Einschübe in unserer Sprache haftet oft auch etwas Penetrantes oder Lächerliches an. Am besten lässt sich dies normalerweise bei der Rückübersetzung feststellen. Um dies zu illustrieren können wir zum Beispiel ein englisches Motto wählen, das gemäss einem Artikel in dieser Zeitung zu den Leitsprüchen eines grossen Schweizer Verlags zählt. Das Motto lautet: «The revolution is beginning, the sky is the limit.»

Auf Englisch mag so ein Satz für uns modern, dynamisch und allenfalls sogar angriffig tönen. Auf Deutsch hiesse das: «Die Umwälzung fängt an, der Himmel ist die Obergrenze.» Schriebe ich in einem Romanmanuskript einen solchen Satz, dann würde mein Lektor ihn dick und dunkelrot unterstreichen und am Rand eine Bemerkung wie «hohle Plattitüde» oder «ohne Verlust ersatzlos streichbar» hinschreiben. Er müsste das sogar hinschreiben, wenn er seine Rolle als Lektor ernst nimmt.

«The revolution is beginning, the sky is the limit» wäre selbst als Refrain eines Dance- oder Popsongs zu einfältig. Die PR-Abteilung, die so einen Leitspruch erfindet und dann auch noch unter die Leute bringt, ist schon fast wieder verwegen. Für so eine PR-Abteilung ist wohl der Himmel die Obergrenze, wenn es um schamloses Gebaren geht.

Wer übrigens die Bezeichnung «schamloses Gebaren» ein bisschen altbacken findet, darf an dieser Stelle ruhig «shameles behaviour» lesen. Es bedeutet etwa das Gleiche, klingt aber sofort weniger verstaubt oder je nach Vorliebe auch less fuddy-duddy.

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