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Sprachliche Moden und Marotten

Über das kindergerechte Fluchen

Ein falsches Wort vor den Kindern, und schon schreien sie es über den Gartenzaun den Nachbaren an den Kopf. Unser Kolumnist empfiehlt deshalb für die Erziehung eine ganz bestimmte Methode.
Kinder lernen sehr schnell zu fluchen, weshalb Eltern und Lehrer auf einen Trick zurückgreifen sollten.
Bild: Keystone

Bekanntlich lernen Kinder gern und schnell von uns Erwachsenen. Allerdings schauen sie meist lieber auf unsere pädagogisch weniger ausgereiften Eigenheiten als auf unsere Tugenden. Das gilt ganz besonders dann, wenn einem Erziehungsberechtigten eine Gotteslästerung rausrutscht. Sagt in so einem Fall zum Beispiel der sprachlich besorgte Papa, dieses oder jenes Wort sei unter allen Umständen zu meiden, da es hässlich oder verletzend oder blasphemisch oder alles miteinander ist, verstehen unsere Kleinsten meist gar nichts mehr.

«Papa hat doch eben erst Heilanddonner gebrüllt und jetzt sagt Papa zu mir, Heilanddonner sei verboten. Warum darf er Heilanddonner sagen und ich darf nicht Heilanddonner sagen?» So und ähnlich klingen in solchen Fällen die durchaus berechtigten Kinderfragen. Dass die Kleinen meist schnell merken, dass sich das betreffende Problemwort in solchem Zusammenhang pausenlos zitieren lässt, macht die Sache auch nicht unbedingt besser.

Am einfachsten wäre es demnach, jeden aufkommenden Fluchzwang gerade dann zu unterdrücken, wenn Kinder in Hörweite sind. Da dies nicht immer gelingen kann, empfiehlt es sich, Fluchwörter euphemistisch oder spielerisch zu entschärfen. Diese Praxis hat eine alte Tradition und fördert die sprachliche Kreativität. Wer mit «Gottv...» anfängt, kann vielleicht noch rechtzeitig auf «Gottfried Hueber» umschwenken.

Wer mit «Himu­stärne» loslegen möchte, kann im günstigsten Fall kurz nach den ersten beiden Silben auf «Himu Hämu Lüthi Sämu» ausweichen. Und wer den Heiland bereits in den Mund genommen hat, kann sich eventuell noch rechtzeitig über eine Harmlosigkeit wie Heiland Mailand oder «Heiland Eiland» aus der Affäre ziehen. Selbst ein oft gebrauchtes Fäkalwort wie «Scheisse», lässt sich recht einfach durch «Scheibe», «Scheibenkleister» oder «Scheibenhonig» ersetzen.

Wer viel mit Kindern zu tun hat, baut sich idealerweise vorsorglich auch ein Repertoire an möglichst harmlosen Soft-Flüchen auf, die dann bei Bedarf die krasseren Blasphemien verdrängen können. Solche Soft-Flüche oder Soft-Schimpfwörter können selbst erfunden oder aufgeschnappt sein, wichtig ist nur, dass sie wohlig klingen und die Balance zwischen autoritärer Schärfe und sprachlichem Anstand halten können. Sie nützen wenig, wenn sie überhaupt nicht mehr als Ausdruck eines Ärgers verstanden werden. Und sie bringen natürlich auch keinen Mehrwert, wenn sie ähnlich vulgär oder schmutzig daherkommen wie die echten Flüche. Beispiele für Soft-Fluchwörter sind etwa «verflixt» statt «verflucht» oder «Holzdeckel» statt «Schofseckel».

Bei uns in Olten etwa gibt es eine eher sanfte Zurechtweisung, die nebenbei noch einen kulturgeschichtlichen Background mitbringt. Wo sonst kann ein Schimpfis mit der Erinnerung an eine längst verschwundene, regionale Kleiderfabrik verbunden werden als bei diesem Ausruf, den schon unsere Vorfahren gern benutzten. Der erwähnte Tadel lautet: «Heieiei, Kleider Frey!».

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