Klar, es tut weh, sich als Amboss zu fühlen, auf dem ein Stück glühendes Eisen mit einem Hammer traktiert wird: Bamm, bamm, bamm! Und ja, das zornige, selbstgefällige rhetorische Hämmern aus Washington geht einem gehörig auf die Nerven.
Man wundert sich ohnehin, dass dieser US-Präsident, der gerne auch mal fotogen auf die Bibel schwört, die Geschichte des biblischen Zachäus vergessen hat. Denn jener war als oberster Zollpächter in Jesu Zeiten der meistgehasste Mann in Judäa. Katholisch ausgedrückt: Wer dank Zöllen ein egoistisches Leben in Saus und Braus führen will, schröpft die Arbeit anderer – und kommt wohl in die Hölle.
Indirekt mit der Hölle zu tun hatte auch der zerstörerischste Hammer der Weltgeschichte. Dass es mit dem «Hexenhammer» auch noch ein Buch war, 1486 geschrieben vom deutschen Mönch und Inquisitor Heinrich Kramer, schmerzt jeden Bücherfreund. Es war das grässliche Handbuch zur Ermordung von rund 60’000 Menschen wegen der Anschuldigung, «Hexen» zu sein. In der frühen Neuzeit wurden auch in der Schweiz zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert rund 10’000 «Hexen» hingerichtet.
Der Hammer als Freund des guten Lebens
Und ja, dass an Zollschranken üblicherweise ein Schlagbaum den Durchlass verwehrt, ist ebenfalls ein sprachlicher Gewaltakt. Aber jedem stolzen Schmied und seinem Handwerk tut man mit der sprachlich plattgeschlagenen Reduktion des Hammers auf die Zerstörung Unrecht.
Und weil der hier Schreibende in seinem Erstberuf in der Metallverarbeitung tätig war, fühlt er sich fast schon persönlich gekränkt. Denn damals stand ich gelegentlich an der Esse, um Eisenreifen für Weinfässer zu schmieden – eine wahrhaft edle Tätigkeit also. Der Hammer als Freund des guten Lebens!
Für Goethe war das Sprachbild klar: Der Herrscher ist der Hammer, die Landschaft der Amboss, das Volk das zu formende Blech. Das wollen wir Demokraten aber natürlich so nicht stehen lassen. Die Arbeiterbewegung hat den Hammer sogar zum Hauptsymbol für ihren Kampf umgedeutet.
Hätte Trump bloss das Lukas-Evangelium studiert
Stellt sich noch die Frage, welches Vorbild Donald Trump für seinen «Zollhammer» vorschwebt. Vielleicht ist es der Philosoph Friedrich Nietzsche, der schrieb, man müsse mit dem Hammer philosophieren.
Mit seinem Hammer-Denken wollte er nicht nur den alten Götzen «Vernunft» zerstören, sondern auch einen neuen Götzen erschaffen: «Leben». Aber eher sieht sich Trump wohl als Hephaistos, jenen hinkenden griechischen Gott, der von den anderen Göttern im Olymp verachtet und verspottet als Einziger arbeiten musste – eben als Schmied mit einem Hammer.
Bei Trumps «Zollhammer» müsste man als Eidgenosse zudem arg ins Grübeln geraten. Denn ohne den äusserst lukrativen Wegzoll am Gotthard hätten die alten Eidgenossen kaum jenen Wohlstand errungen, mit dem sie die Rohstoffe für ihre vielen Hellebarden beschaffen konnten. Und klar: Mit dem Hammer will Trump seine US-Wirtschaft in ein goldenes Zeitalter des Egoismus führen.
Man wünschte sich ihm jedoch ein bisschen Bibel-Lektüre. Im Lukas Evangelium (Lk 19,8) verkündet Zachäus nämlich nach Jesu Besuch: «Siehe, Herr, die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen, und wenn ich von jemandem zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück.»
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