Um zwei Fragen gleich klar zu beantworten: Der Name «Favela Café» ist weder eine Verballhornung noch eine journalistische Überspitzung, sondern vom Künstler so gesetzt. Und zweitens: Ja, dieses Gebastel aus alten Brettern, Eternit und durchgesessenen Stühlen ist ein Kunstwerk.
Was erwarten wir denn von Kunst? Inhaltlich ist es Vielschichtigkeit statt simpler Illustration und formal eine eigenständige Handschrift. Kawamatas Handschrift ist eindeutig: Mit Vorliebe lässt er aus rohen Brettern zimmern. Mal dies, Mal das – und zur Freude des Publikums steht nicht «berühren verboten» dran. Im Gegenteil, der 60-jährige Japaner ist ein kundenfreundlicher Künstler. In Basel bietet er mit seinem Café den Menschen einen Ort zum Verweilen. Installiert wurde es zur Art Basel und von der Messe auch finanziert. Offen ist es aber für alle.
Wir erinnern uns gerne an die Fähre, mit der er uns an der Skulpturenschau in Münster den Weg um den See ersparte, an das Felsenbad beim Hotel Castell in Zuoz oder an den Holzsteg über einen Teich in Uster.
Zur Behübschung von Städten taugen Kawamatas Werke nicht. Das ist auch nicht das Ziel. Der Künstler greift vielmehr gesellschaftliche Themen auf, gerne in Zusammenarbeit mit Menschen, die nicht im Zentrum der Macht stehen. In Basel wird der Verein Landestelle das Bretterdorf zur Zwischennutzung übernehmen.
Welchen Sinn hat das armselige Gehütt vor der schicken Kunstmesse? Ist es nicht eine Verhöhnung der Menschen, die in Favelas leben müssen? Kann ein Künstler damit die (reichen) Kunstmenschen auf soziale Missstände aufmerksam machen? Gegenfrage: Was wäre die Alternative? Eine Demonstration mit Schlagwort-Transparenten oder das Verteilen von Flyern? Würde das beachtet?
Mit seiner Geste punktet Kawamata beim Publikum. Man setzt sich gerne hin, führt vielleicht nicht die tiefschürfendsten Diskussionen – aber kann sich der Mahnung doch nicht entziehen. Subversive Kunst kann und darf auch freundlich sein. Sie verliert ihre Wirkung nicht. Im Gegenteil.
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