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Sprachliche Moden und Marotten

So klingt spanischsprachiges Deutsch

Jede Sprachgruppe hat ihre Spezialitäten, die anderen Sprachgruppen Mühe bereiten kann. So haben Spanier etwa Mühe mit dem «N» vor dem «B».
Spanischsprachige sprechen Deutsch meist mit einem unverkennbaren Akzent.
Bild: Fotolia

Der Spracherwerb ist eine komplizierte Sache. In mühevoller Schwerarbeit lernen die Heranwachsenden mit Gaumen, Zunge, Zähnen, Lippen und Nase die geforderten Laute zu bilden. Es dauert ungefähr zwei Jahre, bis irgendetwas Erkennbares dabei rauskommt. Aber die Kleinen üben immer weiter, und irgendwann schaffen sie es, jeden Laut, den ihre Muttersprache verlangt, bei Bedarf korrekt auszusprechen.

Interessanterweise hat jede Sprachgruppe ihre Spezialitäten, die anderen Sprachgruppen Mühe bereiten kann. So fällt es uns Deutschschweizern schwer, den kaum gehauchten «R» der Deutschen korrekt nachzuahmen. Deutsche wiederum können, wenn sie Französisch oder Italienisch reden, kaum einen «Anfangs-T» oder «Anfangs-P» aussprechen, ohne diese viel zu stark zu aspirieren. An solchen Kleinigkeiten erkennen wir oft die Nationalität derer, die eine Fremdsprache sprechen.

Interessant in diesem Zusammenhang dünkt mich der Umstand, dass spanischsprachige Menschen gewisse Konsonantenfolgen nicht hinbekommen. So fiel mir vor Jahren auf dem Friedhof einer von Emmentalern gegründeten Kolonie in Argentinien eine bemerkenswerte Abweichung auf. Die spanischsprachigen Nachkommen der Emmentaler Pioniere hatten auf den Grabsteinen ihre eigenen Familiennamen der spanischen Aussprache angepasst. Und weil spanischsprechende Leute Mühe mit der Buchstabenfolge «N» und «B» haben, wurde jeder Leuenberger, Eichenberger oder Rothenbühler auf den Grabsteinen jenes Friedhofs konsequent mit «M» vor dem «B» angeschrieben.

Man braucht Spanierinnen und Spaniern bloss ein wenig beim Deutschreden zuzuhören, um festzustellen, dass sie tatsächlich meist Leuemberger, Eichemberger und Rothembuhler sagen. Und weil das Spanische keine Umlaute kennt, werden diese von Spanierinnen und Spaniern einfach ignoriert.

Aber nicht bloss der «N» vor dem «B» bereitet spanischsprachigen Leuten Mühe. Auch den «N» vor einem «F» ersetzen sie aus aussprachlichen Gründen durch einen «M». So wird aus dem Unfall ein Umfall, aus dem Anfall ein Amfall, Senf wird zu Semf, und aus der Stadt Genf wird im Mündlichen Gemf. Recht erheiternd fand ich in diesem Zusammenhang ein aktuelles Einkaufserlebnis in einer hiesigen Bäckerei. Die Verkäuferin sah südländisch aus, und aus irgendeinem nicht rational erklärbaren Grund war ich mir beinahe sicher, dass sie aus Spanien stammen musste. Hätte ich ganz sicher sein wollen, hätte ich sie nach ihrer Herkunft fragen müssen. Doch an diesem Morgen war es mir nicht drum, eine Bäckereiverkäuferin in ein Gespräch über ihre Herkunft zu verwickeln.

Dass ich am Ende meines kleinen Einkaufs dennoch sicher sein konnte, von einer Frau spanischer Muttersprache bedient worden zu sein, war dem Kassenbetrag zu verdanken. Ich hatte in besagter Bäckerei Backwaren im Gesamtwert von 5 Franken und 55 Rappen erworben. Die Verkäuferin tippte alles in die Kasse, nahm tief Luft, konzen­trierte sich lange und sagte endlich: «Fumf fumfumdfumfzig bitte».

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