Aus der Öffentlichkeit hatte er sich längst verabschiedet, und dennoch kommt die Todesnachricht wie ein Schock. Vor allem wegen der noch ungeklärten Umstände: Am Mittwoch wurden die Leichen des amerikanischen Hollywood-Stars Gene Hackman, 95, und seiner Ehefrau Betsy Arakawa, 63, auf ihrer Ranch in Santa Fe gefunden.
Dies bestätigte der örtliche Sheriff gegenüber amerikanischen Medien. Ein Mann, der am Haus von Hackman in Santa Fe am Mittwoch Routinearbeiten verrichten wollte, bemerkte bei seiner Ankunft nach eigenen Angaben, dass die Vordertür offen stand. Wie die Ermittler mitteilten, alarmierte er die Polizei, nachdem er Hackman und dessen Frau Betsy Arakawa leblos gefunden habe.
Derzeit gehen die Beamten nicht von einem Verbrechen aus. Trotzdem wurde der Fall laut dem Promi-Portal TMZ als verdächtig eingestuft.
Teilweise bereits verwest
Hackmans Leiche wurde in einem sogenannten Mudroom entdeckt – einem Hausflur, wo Strassenkleidung und schmutzige Schuhe ausgezogen werden können. Nach Ermittlerangaben schien er gestürzt zu sein. Er trug demnach ein T-Shirt und eine Jogginghose sowie Slipper. In der Nähe hätten sich eine Sonnenbrille und ein Gehstock befunden.
Seine Frau lag tot in einem Badezimmer neben einem Heizgerät. In der Nähe ihrer Leiche lagen ein offenes Fläschen für ein verschreibungspflichtiges Medikament. In ihrer Nähe wurde auch ein toter Schäferhund in einem Badezimmerschrank entdeckt.
Gemäss TMZ glaubt die Familie, dass die beiden an einer Kohlenmonoxidvergiftung starben. Die Leichen der beiden seien in verschiedenen Zimmern gefunden worden, sagte der zuständige Sheriff Adan Mendoza der «New York Times».
Doch ein Gasunternehmen hat den Angaben zufolge die Gasleitungen am Haus untersucht und keine Anzeichen für Probleme festgestellt. Auch die Feuerwehr habe nichts gefunden, was auf einen Austritt von Kohlenmonoxid oder eine Vergiftung mit solchem hindeutete. Ein Ermittler schrieb aber, dass an Menschen nicht immer Spuren einer Kohlenmonoxidvergiftung zu erkennen seien, wenn sie einem Gasleck ausgesetzt gewesen seien.
Laut den Ermittlern waren Hackman und seine Frau bereits seit geraumer Zeit tot. Gemäss eines Berichts des «Express» waren die Leichen bereits teilweise mumifiziert.
Hackman: Die Hollywood-Legende
Hackman war ein Beispiel dafür, dass Ruhm nicht immer jung beginnt. Manchmal muss die Gelegenheit günstig sein, die Zeit reif, die Umstände richtig. Dann kann auch eine Explosion verzögert zünden. Die Karriere des Schauspielers startete erst spät durch, da war er bereits über 40 Jahre alt. «Der Mann, der nie wirklich jung war», betitelte der deutsche Filmkritiker Michael Althen treffend ein Porträt über Hackman.
Als es aber knallte, dann richtig: «The French Connection» hiess der Film von Regisseur William Friedkin, der 1971 das Publikum elektrisierte: Durch seine halsbrecherischen Autoverfolgungsjagden und wegen seiner für damalige Verhältnisse rasanten Schnittfrequenz. Vor allem aber dank seinem Hauptdarsteller Hackman, der den knallharten, ausschliesslich auf seinen Job konzentrierten Cop Doyle, genannt «Popeye» spielte, der ein Syndikat von Drogendealern jagt.
Und dies mit einer rücksichtslosen Entschlossenheit in Blick, Körperspannung und Gestik, dass allen klar war: Dieser Kerl meint es ernst. Ein Maniac, ein Einzelkämpfer, dessen Impulsivität nur ein einziger Freund erträgt. Obwohl Hackman später zugab, dass gerade die Gewaltausbrüche weniger in seiner eher zurückhaltenden Natur lagen.
Einen Oscar als Bester Hauptdarsteller gab es dafür, und Hackman wurde ein weiteres Gesicht von New Hollywood, so wie es vier Jahre zuvor sein enger Freund Dustin Hoffman mit «The Graduate» geworden war. Zusammen mit Robert Duvall («Apocalypse Now») hatten sich die beiden in den 1960er-Jahren in New York eine schäbige Bude geteilt.
Kippfiguren am Rande des Abgrunds
Es war die Zeit der Gegenkultur, des Aufbruchs. Das alte Hollywood mit seinen unbeschwerten Musicals und angestaubten Historienfilmen verschwand. Die Gegenwart und mit ihr eine neue Generation drängte nach, geprägt vom Vietnamkrieg und den Bürgerrechtsbewegungen in den USA. Das hiess keineswegs nur Flower-Power und freie Liebe, sondern auch Brutalität.
Plötzlich entstand ein Film wie «Bonnie and Clyde», in dem scharf geschossen, wild geliebt und blutig gestorben wurde. Hackman hatte darin seinen ersten wirklich prominenten Auftritt als kleiner Bruder Buck an der Seite von Warren Beatty. Zuvor war der 1930 geborene, in seiner Jugend oft umgezogene Amerikaner bei den Marine Corps als Funker tätig gewesen, später fürs Radio, ehe er beschloss, Schauspieler zu werden.
«The French Connection» katapultierte den Schauspieler ganz nach oben, von nun an zählte er zu den führenden Charakterdarstellern. In einem der besten, immer noch unterschätzen Filme von Francis Ford Coppola, «The Conversation» (1974) spielte Hackman einen unauffälligen Abhörspezialisten, der paranoid wird, als er von einer mörderischen Verschwörung erfährt. Hackmans blosse Präsenz reichte, um seinem traurigen Zuhörer mit Schnauzbärtchen und Regenmantel Spannung zu verleihen.
Von da an wurden seine Rollen oft Kippfiguren, die am Rande des Abgrunds tänzelten, da, wo sich das Charmante mit dem Unangenehmen vermischt, wo Sanftheit jederzeit in kalte Wut umschlagen kann. Hackman spielte diese toughen Typen nicht nur in eindringlichen Dramen wie «Mississippi Burning» (1988), sondern auch im Blockbuster-Kino. Gleich dreimal verkörperte er den Erzfeind von Superman, den glatzköpfigen Schurken Lex Luthor.
Anfang der 1990er-Jahre war Hackmans Lauf nach etlichen Auftritten in mässigen Produktionen etwas die Luft ausgegangen. Die Prestigerolle des Kannibalen Hannibal Lecter in «The Silence of the Lambs» hatte er abgelehnt. Da holte ihn Clint Eastwood für seinen postmodernen Spätwestern «Unforgiven» zurück.
Die Darstellung des brutalen Sheriffs Little Bill Daggett brachte Hackman seinen zweiten Oscar, diesmal für die beste Nebenrolle. Seine humorvolle Seite konnte er später unter anderem in «The Royal Tenenbaums» (2001) von Wes Anderson unter Beweis stellen.
«Ich wollte nie etwas anderes sein als ein Schauspieler»
Vor mehr als 21 Jahren stand Hackman zum letzten Mal vor der Kamera: In der Komödie «Welcome to Mooseport» spielt er einen amerikanischen Ex-Präsidenten, der eigentlich seine Ruhe haben will, aber wegen Scheidungsquerelen doch noch einmal politisch aktiv werden muss. Im echten Leben wollte sich Hackman zurückziehen, nicht mehr ewig auf notdürftige Angebote warten müssen, einen würdigen Abschied geniessen.
Den erhielt er bei der Verleihung der Golden-Globes 2003, als er gerührt den Ehrenpreis entgegennahm und bekannte: «Ich wollte nie etwas anderes sein als Schauspieler.» Von der Leinwand, von der Öffentlichkeit und von Hollywood blieb er seitdem fern, schrieb jedoch noch Thriller. Mit Gene Hackman ist ein Teil des alten New Hollywood gestorben.
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