Jürg Gohl
Non, non. Auf den Zuschauerrängen im Kasernenareal werden nicht nur Nordwestschweizer Dialekte gesprochen. Beim Tattoo sind auch andere Landesteile, ja auch andere Länder im Publikum üppig vertreten.
Wenn am Samstag um Mitternacht erst sämtliche Formationen aus der Arena stampfen und hinterher die rund 7600 Zuschauerinnen und Zuschauer die Rampen verlassen, kann die vierte Auflage des Basler Tattoos ein positives Fazit ziehen: Da alle elf Vorstellungen innerhalb von nicht einmal ganz drei Wochen ausverkauft waren und zudem auch Generalprobe und dergleichen vor vollen Rängen stattfanden, werden am Ende 100 000 Personen die diesjährige Auflage des Basler Tattoos gesehen haben.
In der noch jungen Geschichte der Basler Veranstaltung stellen die Besucher längst einen entscheidenden Faktor dar für den rasanten Aufstieg. Als «meteorenhaft» bezeichnet ihn Erik Julliard im Interview mit der Sonntag bz vom 12. Juli. Und er vergisst dabei nicht, das Basler Publikum gebührend ins Spiel zu bringen.
Von national zu baslerisch
Kapitulieren müssen die Verantwortlichen aber vor der Aufgabe, den typischen Tattoo-Besucher zu beschreiben. «Ihn gibt es nicht», sagt Werner Blatter, der in der Organisation für die Medienbetreuung mitverantwortlich zeichnet. Und gleichwohl lässt sich beim Publikum wenigstens eine vielleicht sogar überraschende Entwicklung beobachten: Das Tattoo entwickelt sich nicht etwa von einem Basler zu einem nationalen, ja leicht internationalen Anlass. Sondern es schlägt den umgekehrten Weg ein.
Machten vor zwei Jahren die Leute aus dem Grossraum Basel im Publikum noch um die 30 Prozent aus, so bildet diese Gruppe heute bereits knapp mehr als die Hälfte. Werner Blatter schätzt grob: 50 Prozent aus der Umgebung, 25 Prozent aus anderen Teilen der Schweiz und nochmals 25 Prozent aus dem Ausland.
Im OK erklärt man sich diese aussergewöhnliche Entwicklung damit, dass die Basler inzwischen gemerkt haben, dass sie leer ausgehen, wenn sie den Vorverkauf verschlafen. «Wer bestellt halt schon ein halbes Jahr im Voraus Eintrittskarten», fragt Werner Blatter, «es sei denn, er will eine Veranstaltung um jeden Preis sehen.»
Auffallend sei vor allem, dass aus der Romandie viele Leute anreisen, um die besten Formationen dieser Sparte live zu sehen. Und unter den ausländischen Gästen ist der süddeutsche Raum stark vertreten. Wie populär das Tattoo dort offenbar sein muss, zeigte sich gerade gestern. Ein paar Formationen, die derzeit in Basel auftreten, verbanden einen Ausflug nach Freiburg im Breisgau gleich mit einem kurzen morgendlichen Umzug durch die Altstadt.
Sie waren überrascht, dass sie dort von zahlreichen Zuschauern und sogar Fernsehstationen erwartet wurden. Eigentliche Tattoo-Touristen, die Veranstaltungen dieser Art über den ganzen Erdball abklappern, gibt es wohl auch unter den 100 000 Gästen. Doch zahlenmässig sind sie absolut vernachlässigbar.
Der Basler «Me goht»-Effekt
Auch bei den Beweggründen, sich das Tattoo nicht entgehen zu lassen, wollen sich die Verantwortlichen nicht einfach auf zwei, drei Schlagwörter festlegen. Dem einen behagt die Show, dem oder der anderen eher das Musikalische. Auch der «Gänsehaut-Faktor», wie ihn der Speaker nennt, darf nicht unterschätzt werden.
Und da wäre noch der «Me goht»-Effekt. «Unser Anlass, der ursprünglich auch mit etwas Skepsis aufgenommen worden ist, hat in der Gunst der Basler eindeutig einen grossen Schritt nach vorne genommen», stellt Blatter fest.
Vor zwei Jahren noch sei über «eine Fasnachtskopie im Sommer» gelästert oder das Tattoo auf eine Militärparade reduziert worden. Nun hat der Anlass in der öffentlichen Meinung seine Eigenständigkeit zwischen Cortège und Defilee erlangt. «Beim Publikum», glaubt Blatter, «haben wir dieses Jahr einen Durchbruch geschafft.»
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