«Wir sind Nomaden» erläutert Claire Hoffmann das bestechende Konzept des mobilen Ausstellungsraums deuxpiece. «Einmal sind wir in Basel, dann wieder an anderen Orten – etwa in Hudson (New York) oder Berlin». So sind die Kuratorinnen zwar befreit von den Zwängen fixer Standorte, werden aber jeweils mit neuen Ausstellungssituationen konfrontiert. Bis Ende November gastiert deuxpiece in den ehemaligen Büros der Carrosserie am Basler Lothringerplatz.
Auch diese Räumlichkeiten sind anspruchsvoll: Sie sind auf zwei Etagen verteilt, klein geschnitten und wirken entsprechend disparat. Doch gerade darin scheint Hoffmann die interessante Herausforderung zu sehen: «In solchen Räumlichkeiten trifft man auf unerwartete Orte. Das inspiriert.» Auch die beiden Künstlerinnen Daniela Brugger und Deirdre O’Leary fanden Gefallen am Ort. Zusammen mit Hoffmann und Alice Wilke von deuxpiece haben sie gemeinsam die Ausstellung kuratiert. «Die Werke sind jeweils die der Künstlerinnen, die Hängung und Organisation entstand im gemeinsamen Entscheid», präzisiert Hoffmann und macht damit auf die enge Zusammenarbeit aufmerksam.
Autolärm erwünscht
Neben zwei mittelgrossen Räumen mit offener Fensterfront, war es auch ein schmaler und langer Durchgangsraum, der ihre Aufmerksamkeit weckte. Gemeinsam bespielten sie den Ort mit der Arbeit «Über die Unmöglichkeit, mit sich selbst identisch zu sein». Im Raum stehen sich zwei auf Kopfhöhe montierte Lautsprecher gegenüber. Aus den beiden Boxen plärrt Verkehrslärm. Dieser wird von Richtmikrofonen, die an der Gebäudefassade installiert und auf die Strasse gerichtet sind, aufgezeichnet und live auf die Lautsprecher übertragen. Damit verbindet sich der Aussenraum mit dem Ausstellungsraum. Aber auch Werk und Raum, künstlerische und kuratorische Arbeit werden in dieser Gemeinschaftsarbeit miteinander verschränkt.
O’Learys Arbeit Pendel trägt zusätzlich dazu bei, dass sich die auseinander liegenden Ausstellungsräume verbinden. Das leicht scheppernde Klackergeräusch der Installation im Erdgeschoss dringt bis in den hintersten Raum des Obergeschosses. Dort, an der hintersten Raumwand, kleben streng nebeneinander zehn Angelhaken. Es ist O’Learys Arbeit «Ein Satz, zehn Haken (Aufräumen)». Wie ein streng geordnetes Arsenal von Zwergwaffen ragen die filigranen Widerhaken gefährlich in den Raum hinein. «Die Arbeit reflektiert, dass Ordnung immer auch eine verneinende, destruktive Seite haben kann. Dies lässt sich auch in der Sprache und ihrer Ordnung beobachten», kommentiert O’Leary.
Generell ist die Sprache für die Künstlerin wichtig und dient ihr als Inspirationsquelle. Für diese Ausstellung stand der Text Ritournelle aus dem Buch «Mille Plateaux» von Gilles Deleuze und Felix Guattari im Zentrum. Prinzipien der Repetition und Wiederholung werden dort abgehandelt. O’Leary erläutert: «Repetitionen führen zu Muster, zu Strukturen und werden später zu Ritualen. Sie geben Ordnung, schaffen Orientierung, engen aber auch ein.» Dieser hinterste Raum ist auch Ort der Performance «FFOAAM» von Daniela Brugger.
Kunst aus Schaum
Scheinbar aus dem Nichts, entsteht ein grosser, fast selbstständig agierender Körper. «Zum Schaum haben viele einen Bezugspunkt», betont Brugger. «Die Menschen verbinden damit etwa eine Erinnerung. Das macht das Material für mich interessant.» Im Laufe der Performance verändern sich die Seifenblasen. Die oberen zerfallen, werden zu Schlick, während darunter neue hervorblubbern. «Aufbau und Zerfall finden gleichzeitig statt. Ich wollte immer ein Material, das am Schluss verschwindet», betont die Künstlerin.
Die Ausstellung in der Carrosserie besticht sowohl durch Daniela Bruggers und Deirdre O’Learys Arbeiten, als auch durch kuratorische Könnerschaft. Die Werke erhalten eine eigenständige Präsenz und treten zugleich miteinander in einen konstruktiven Dialog.
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