Zum Glück sind die Zeiten vorbei, in denen bildhungrige Paparazzi Prominente durch das Blitzlichtgewitter hetzten. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Heute sind es die Stars, die entscheiden, wer sich ein Bild von ihnen macht – und dass sie dieses von der Schokoladenseite zeigt.
Bei einem Konzert von Nemo in Luzern gab es keine Akkreditierung für Pressefotografen. Diese Praxis wurde kritisiert ( wir berichteten ). Sie ist aber weder neu noch eine Ausnahme. Bereits 2022 hat der Veranstalter Leutgeb Entertainment Group eine zuvor genehmigte Akkreditierung zweier deutscher Zeitungen für ein Konzert in München von Robbie Williams zurückgezogen.
Streng reglementierte Bilderflut
Am vergangenen Wochenende nahm auf demselben Gelände in München der Konzertmarathon von Adele seinen Auftakt. Wer die britische Sängerin fotografieren darf, ist streng reglementiert: 750'000 Fans dürfen mit ihren Handys Clips für ihre Social-Media-Timeline aufnehmen. Aber Pressefotografen und TV-Journalistinnen erhalten keinen Einlass.
Der Deutsche Journalisten-Verband zitiert in einer Stellungnahme den Co-Veranstalter Live-Nation: «Leider werden keine Fotografen und keine TV-Teams zugelassen, sorry.» Es habe einen Austausch zwischen Management und Veranstaltern gegeben, die den Medien die Absage mitteilten: «Nun ist es final, weil bei den Adele-Shows bislang immer so verfahren wurde.»
Pressefreiheit im Mietvertrag
Der Deutsche Journalisten-Verband reagierte nach dem ersten Konzertwochenende mit einer klaren Positionierung: Der Deutsche Journalisten-Verband fordert die Vermieter von Hallen und Veranstaltungssälen auf, in ihre Mietverträge grundsätzlich eine Verpflichtung der Mieter zur Achtung der Presse- und Rundfunkfreiheit aufzunehmen. Bricht man die Forderung des Presseverbandes auf eine simple Rechnung herunter, hiesse dies: Ohne Presse, keine Halle.
Auch in der Schweiz stellt der Branchenverband «Impressum» Tendenz zur Beschränkung des Zutritts von freien Kulturjournalistinnen zu Kulturveranstaltungen fest. Dagegen dass beispielsweise Filmfestivals wie das Zurich Film Festival eine Akkreditierungsgebühr veranschlagen, hat der Verband kürzlich Stellung bezogen .
Die Situation um Adele in München oder auch Nemo in Luzern ist eine andere. Hier werden Hürden für eine unabhängige Berichterstattung gesetzt. Die Managements steuern, welche Bilder entstehen und publiziert werden. Michael Burkard, Rechtsanwalt und Zentralsekretär von Impressum sagt dazu: «Eine derart «eingebettete Kulturberichterstattung» läuft Gefahr, ihres potenziell kritischen Gehalts beraubt zu werden.»
Aus einer übergeordneten Sicht sei eine kritische Auseinandersetzung gerade im Kulturbereich essenziell für die gesellschaftliche Debatte. «Zumal es vornehmlich grosse, mit öffentlichen Geldern subventionierte Kulturveranstaltungen sind, welche solche Inhaltskontrollmechanismen etablieren», so Burkard.
Die Mega-Stars können sich heute mühelos selbst über die sozialen Medien vermarkten. Sie stehen dort in vermeintlich direktem Kontakt mit ihren Fans. Wie sie sich dort präsentieren, entscheiden sie (und ihr Management). Auf klassische Medien sind sie in diesem Verhältnis nicht mehr angewiesen.
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