In allen Sprachen gibt es Wörter, die ähnlich tönen wie Wörter einer anderen Sprache, die aber eine andere Bedeutung haben. Übersetzerinnen und Übersetzer reden in diesem Zusammenhang von «falschen Freunden». Wir hatten es schon einmal davon, falsche Freunde sind im Übersetzungsfach eine häufige Fehlerquelle.
Deshalb sollten wir beim Übersetzen von Begriffen, die beinahe so tönen wie die, die wir schon kannten, besonders vorsichtig sein. Ruft etwa ein Italiener in einem Restaurant in Spanien nach der Butter, könnte sein «Burro» beim spanischen Kellner schlecht ankommen, bezeichnet doch «Burro» auf Spanisch nicht die Butter, sondern den Esel. Natürlich ist das keine neue Erkenntnis, aber wahr ist sie trotzdem.
In Übersetzerkreisen weniger bekannt als die «falschen Freunde» sind die «neuen Freunde». Neue Freunde sind Freunde, die aus einer fremden Sprache entlehnt werden, um etwas zu sagen, für das es in der eigenen Sprache noch keine Worte gibt. Im Deutschen zum Beispiel gebrauchen wir gerne das englische Wort «Hater».
Und obwohl wir Wörter wie «Hasser» oder «Hassender» hätten, ist «Hater» in der deutschen Sprache unverzichtbar geworden. Ein «Hater» ist nämlich nicht einfach jemand, der jemand anderen hasst. Der «Hater» ist ein Hasser im Netz, also einer, der seinen Hass mit Vorliebe anonym in den sozialen Medien streut und auf grosse Verbreitung hofft.
Das Gleiche gilt für das Verb «haten». Wer «hatet», hasst vielleicht schon. Aber anders als ein normaler «Hasser» würde der «Hater» sein «Haten» nie mit Hassen in Zusammenhang bringen. Das ist das Phänomenale an diesem frisch adoptierten Wort. Man kann als «Hater» jede Schweinerei, jede Lüge und jede Beleidigung in die Tasten hauen und im Netz verbreiten. Die Verfasser von «Hate-Inhalten» aber weisen jeden Hass von sich. Mehr noch, sie wundern sich über die Empfindlichkeit jener, die sich gedemütigt fühlen, wenn sie gehatet werden.
Im alltäglichen Sprachgebrauch sollten wir demnach bei «neuen Freunden» besonders genau hinhören und nicht voreilig übersetzen. Neue Freunde können nämlich nicht nur in Form einzelner Begriffe vorkommen. Manchmal muss man ganze Satzteile oder Sätze entlehnen, um Dinge zu sagen, die wir in unserer Sprache mit dem bestehenden Wortschatz nicht genau gleich sagen könnten.
So wie neulich, als eine junge Frau mitten in einem schweizerdeutschen Gespräch dem Gegenüber sagte: «Gimme a break!» Dieser vermeintlich englische Satz gehört zu den neuen Freunden unserer Sprache. Er bedeutet nicht, wie wir fälschlicherweise glauben könnten, «gib mir einen Unterbruch!», sondern viel eher so etwas wie «mach mal halblang» oder «hab ein Einsehen». Da wir aber im Schweizerdeutschen weder für «mach mal halblang» noch für «hab ein Einsehen» eine wörtliche Übersetzung kennen, behelfen wir uns mit dem neuen Freund «Gimme a break!»
Den Break, den die Frau einforderte, hat sie wohl gebraucht, um runterzufahren oder, um es mit noch einem neuen Freund unserer Mundart zu sagen, um zu chillen.
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