
Nemo will die ESC-Trophäe nicht mehr in seinem Gestell haben. Das äusserte er am Donnerstagnachmittag in einem Instagram-Post. Deshalb gebe er die Trophäe aus dem Jahr 2024 zurück – aus Protest gegen die anhaltende Teilnahme Israels am Wettbewerb. Die Europäischen Rundfunkunion (EBU) hatte vergangene Woche beschlossen, Israel nicht von der nächsten Ausgabe des Eurovision Song Contests auszuschliessen.
In dem Post wandte sich Nemo an die Fans und begründete den Schritt mit einem Wertekonflikt. Zwar sei man für die Erfahrung und die Community dankbar, doch die aktuelle Ausrichtung des Wettbewerbs sei nicht mehr tragbar. Nemo verweist explizit auf die Diskrepanz zwischen den offiziellen ESC-Werten – Einheit, Inklusion und Würde – und der fortgesetzten Teilnahme Israels.
Traurig über den Entscheid der Schweiz
Aus dem gleichen Grund boykottieren mehrere Länder – Spanien, Irland, Slowenien, Holland und zuletzt Island – die nächste ESC-Austragung in Wien. Die Schweiz hat sich dagegen Boykottforderung nicht angeschlossen. So entschied sich Nemo im Alleingang zum Boykott gegen Israel. Es ist auch ein Protest gegen die Schweiz, deren Verhalten ihn «traurig» macht.
In seinem Statement heisst es: «Ich werde der Eurovision-Community, den Fans, die abgestimmt haben, den Künstlern, mit denen ich die Bühne geteilt habe, und den Erfahrungen, die mich als Mensch und Musiker geprägt haben, immer dankbar sein. Diese Entscheidung beruht auf meiner Verbundenheit mit den Werten, für die Eurovision steht, und nicht auf einer Ablehnung der Menschen, die diesen Wettbewerb besonders machen. Musik verbindet uns nach wie vor.»
Nemo verkündet in dem Post weiter, der ESC sei wiederholt dazu missbraucht worden, das Image eines Staates zu beschönigen, dem schwerwiegendes Fehlverhalten vorgeworfen werde. Gleichzeitig habe die EBU stets betont, unpolitisch zu sein.
Für Nemo ist Israel trotz Waffenruhe auf einem Feldzug
«Wenn Teilnehmerländer sich aufgrund dieses Widerspruchs zurückziehen, sollte klar sein, dass etwas grundlegend falsch läuft.» In einem Gespräch mit CH Media hatte Nemo vor einigen Wochen gesagt, dass ihm die Waffenruhe im Gaza-Streifen nicht genüge.
«Die weiteren Schritte», so Nemo, «müssten gewährleisten, dass die Zivilbevölkerung in Palästina langfristig geschützt wird. Die Idee eines Boykotts ist ja, Druck auf Israel auszuüben, dass der Feldzug in Gaza gestoppt wird. In diesem Zusammenhang ist auch wichtig: Ein UN-Untersuchungsgremium hat festgestellt, dass Israel im Gazastreifen Genozid begangen hat. Das zeigt, dass es hier nicht nur um eine vorübergehende Waffenruhe geht, sondern um schwerste Menschenrechtsverletzungen, die aufgearbeitet werden müssen.»
Der Künstler hat mit dieser sehr einseitigen Weltsicht kein Problem. Für ihn ist offenbar Israel allein für die Gewalt im Gazastreifen verantwortlich. Dass zuvor 1200 Menschen von Hamas-Terroristen kaltblütig niedergemetzelt 255 Geiseln verschleppt wurden, spielt in seinem Protest-Entscheid ebenso keine Rolle wie die Tatsache, dass die vielen ESC-Fans in Israel gewiss nicht zu den fanatischen Anhängern der Kriegspolitik Netanyahus zählen. Man glaubt, diese Überzeugung einer Kollektivschuld sei überwunden. Sie feiert in Nemos Boykott ein bedenkliches Revival.


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