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Wort zum Tag

1. Oktober: Von fünf Rechten und klingenden Einsen und Nullen

Kuriose Feiertage gibt es zuhauf. So auch am 1. Oktober, der im Zeichen der Musik steht und an ein Museumsstück erinnert: den CD-Player.
Sony brachte mit dem CDP-101 am 1. Oktober 1982 den ersten CD-Player der Geschichte auf den Markt.
Bild: Wikipedia

Was immer verfügbar ist, wird leicht übersehen. Oder im vorliegenden Fall: überhört. Als am heutigen Datum vor 50 Jahren der Internationale Tag der Musik ausgerufen wurde, war noch nicht absehbar, welchen Wertverfall die klingende Kunst erleben würde. Tonträger sind längst etwas für Nostalgiker, im Internet bekommt man eine kostenfreie Dauerberieselung und bei den Radiosendern kaum mehr Entdeckenswertes.

«Fahrstuhlmusik» schimpfte man früher über Songs, die für den Hintergrund gemacht waren. Heute findet man kaum noch einen öffentlichen Ort, an dem nicht beiläufig irgendwo Musik ertönt. Und wenn der klingende Nieselregen mal überraschend ausbleibt, übernehmen Handylautsprecher oder -kopfhörer den Kampf gegen die Stille. Längst ist die Welt ein einziger Fahrstuhl – und künstlerisch gesehen geht die Fahrt nach unten.

Fünf musikalische Menschenrechte

Dem Feiertag ist das alles egal. Und früher war eh alles besser: Ehe Stargeiger Yehudi Menuhin, der damalige Präsident des International Music Counsil (IMC), 1975 den International Musicday (oft irreführend als «Weltmusiktag» übersetzt) ausrief, haben die IMC die «5 Music Rights» definiert. 1948 legte man fest, dass jeder Mensch das Recht habe: 1) sich musikalisch auszudrücken, 2) musikalische Fähigkeiten zu erlernen, 3) Zugang zu Musik zu bekommen, 4) das eigene Kunstschaffen zu entwickeln und über verschiedene Kanäle zu kommunizieren, 5) faire Anerkennung und Bezahlung für ihr Werk zu erhalten.

Unklar ist jedoch, wer für die Einhaltung dieser Music Rights besorgt ist.Und so ist zumindest Punkt 5 sang- und klanglos gestorben. Als etwa Metallica zu Beginn des Millenniums gegen die Plattform Napster vor Gericht zogen, weil diese (unter anderem) die Songs der Band gratis verteilte, schwappte den Musikern eine Welle des Unverständnisses entgegen. Ein Vierteljahrhundert später ist eine ganze Generation herangewachsen, die nie miterlebt hat, dass man für Musik überhaupt bezahlen könnte.

Auch andere Musikschaffende können davon ein Lied singen. Es ist in Moll, melancholisch und kostenlos auf allen Streamingplattformen zu finden. Wer mit der klingenden Kunst noch Geld verdienen möchte, erhöht also die Ticketpreise für Konzerte oder verkauft Merchandise. Das füllt vielleicht das Konto, aber bewirkt beileibe nicht, dass Musik wieder als etwas Wertvolles angesehen wird.

Von Millionen und Almosen

Lassen wir also die Zahlen sprechen. Beispielsweise jene, die der Branchenverband der Musiklabels IFPI vor einem halben Jahr veröffentlicht hat. So gaben die Schweizer im vergangenen Jahr 249 Millionen Franken für konservierte Musik aus. Ein nettes Sümmchen, wenn davon nicht stolze 90 Prozent an Streamingdienste abflössen, welche die Musikschaffenden mit Almosen abspeisen.

Physisch geht nebenher kaum noch etwas über den Ladentisch: Dass das totgesagte Vinyl mit 4,3 Millionen Franken der CD so eng auf den Fersen ist wie seit Jahrzehnten nicht, liegt nicht am Aufwärtstrend bei der Schallplatte, sondern am anhaltenden Abwärtstrend bei der CD. Hier wurde 2024 mit CHF 9,7 Millionen Franken Umsatz ein historischer Tiefstwert verzeichnet.

Der ebenfalls heute gefeierte US-amerikanische Nationaltag des CD-Players ist also von nostalgischen Gefühlen begleitet. Dabei war es ein Ereignis, als Sony mit dem wenig kreativ benannten CDP-101 am 1. Oktober 1982 den ersten CD-Player der Geschichte auf den Markt brachte. Denn das Gerät zementierte den Wechsel vom analogen zum digitalen Musikkonsum. Statt als Wellen wurde Musik fortan in Form von Einsen und Nullen haltbar gemacht. Blickt man auf heutige Musiklandschaft, könnte man meinen, die Nullen seien in der Überzahl.

In der Reihe «Das Wort zum Tag» knöpft sich die Kulturredaktion in loser Folge spezielle Kalendertage vor. Heute wird zudem neben weiteren der Weltvegetariertag gefeiert, in Deutschland der Tag des Kaffees, sowie in den Staaten der Tag des Grünkohls und der Kürbiskerne.

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