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Popkultur-Glosse

Der füdliblutte Wahnsinn: Die nackte Jennifer Lawrence lässt Hüllen und sexistische Mauern fallen

Jennifer Lawrence zeigt sich in ihrem aktuellen Film «No Hard Feelings» füdliblutt. Und das ist fabelhaft. Nicht nur, weil sie fabelhaft aussieht, sondern weil es nicht sexy ist. Zumindest nicht in erster Linie. Und das ist neu.

Bisher kannte man Jennifer Lawrence in dramatischen Rollen, die sie jeweils grandios spielte. Abseits der grossen Leinwand war sie dagegen das pure Gegenteil: aufgedreht, lustig, hemmungslos. In der Komödie «No Hard Feelings» ist sie das nun auch. Und zwar sehr.

Als bankrotte Uber-Fahrerin Maddie lässt sie sich von einem reichen Ehepaar dafür bezahlen, sich an deren introvertierten Sohn ranzumachen, damit dieser «Erfahrungen mit einer Frau» sammeln kann, bevor er aufs College geht. Dabei gibt’s diverse derbe Scherze und eine relativ vorausschaubare Handlung. Aber das hier ist keine Filmkritik. Denn eine Szene in diesem lustigen Trallala finde ich überraschend interessant.

Jennifer Lawrence ist in «No Hard Feelings» so, wie sie auch auf dem roten Teppich ist: Lustig.
Bild: Bild: Keystone

Im Film ist Lawrence gerade am Nacktbaden, als drei Teenager ihre Kleider stehlen wollen. Wie eine Furie rennt sie aus dem Meer und – ich kann es nicht anders sagen – poliert den dreien die Fresse. Füdliblutt. Und ja, man sieht alles. Oben, unten, hinten, vorne.

Ich wusste ehrlich nicht, ob ich bei diesem Anblick lachen oder mir leicht peinlich berührt die Hände vors Gesicht halten soll. Ich tat schlussendlich keins von beidem, sondern konnte nur mit offenem Mund starren. Dabei schockieren mich nackte Frauen eigentlich nicht, schliesslich kann ich jederzeit selbst eine im Spiegel anschauen. Aber das war etwas ungewöhnliches.

Als Jennifer Lawrence die Szene drehte, war sie sich 100-prozentig bewusst, dass dadurch wie wild nach «Jennifer Lawrence nackt» gegoogelt wird. Genau wie vor fast zehn Jahren schon einmal. 2014 war sie eines der Opfer des Hackerskandals, als private Nacktbilder von mehreren Promifrauen gestohlen und veröffentlicht wurden. Während viele – verständlicherweise – abstritten, dass sie auf den Bildern zu sehen waren, stand Lawrence hin, weigerte sich standhaft, sich zu entschuldigen, und prangerte den Verbrecher an. Und von dieser grauenhaften Erfahrung liess sie sich nicht aufhalten.

Selbstbewusst: Jennifer Lawrence weiss, was sie will.
Bild: Bild: Keystone

«No Hard Feelings» ist nicht der erste Film, in dem sie sich seither nackt zeigte. 2018 tat sie es in «Red Sparrow» ebenfalls – wenn auch nicht ganz so explizit. Weil sie sich laut eigener Aussage die Macht über ihren eigenen Körper zurückholen wollte. Diesmal hat sie die vollkommene Kontrolle, denn in «No Hard Feelings» fungiert sie auch als Produzentin.

Im Vorfeld sei sie ausserdem mehrmals gefragt worden, ob die Szene ok sei. Im Interview mit «Variety» erzählte sie: «Jeder hat mich gefragt: Bist du sicher? Bist du sicher? Bist du sicher?» Und sie war sich mehr als sicher: «Ich habe keine Sekunde gezweifelt. Ich fand die Szene saulustig.»

Ob man das als Zuschauer auch so sieht, ist natürlich Geschmacksache. Aber der Punkt ist: Die Szene hat rein gar nichts mit Sex zu tun und ist genau darum so überraschend – und sogar feministisch.

Nach wie vor sorgen mehrheitlich Frauen für nackte Haut auf der Leinwand, und praktisch immer werden sie dabei sexualisiert oder sogar als Objekt behandelt. Klar, auch jetzt gibt es genug Menschen, die Jennifer auf die Brüste glotzen, auch wenn sie noch so wild hin und her schwingen, während sie sich hemmungslos prügelt. Doch: Lawrence ist in der Szene zwar nackt, aber kein bisschen hilflos. Das ist ebenfalls ungewöhnlich.

Komplett nackte Männer sind im Film eher selten. Wenn doch, dann gelten sie oft als lächerlich. So wie Sacha Baron Cohen in «Borat».
Bild: Bild: Keystone

Vielleicht ist genau das der Grund, warum nackte Männer im Film oft als lustig gelten. Sie wirken irgendwie ungeschützt und lächerlich. So wie Sacha Baron Cohen, der in «Borat» ebenso nackt mit einem 150 Kilo schweren Mann kämpfte. Das war lustig, weil es peinlich war. Und der Grund baumelte zwischen Borats Beinen, denn ein unverhüllter Penis gilt in der Filmwelt immer noch als grösster Schocker. Komisch.

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