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Caliente

Busse tun an der Latino-Chilbi

Das Caliente-Festival in Zürich verzeichnet mit über 200000 Besuchern einen neuen Rekord und strebt eine Zusammenarbeit mit dem Züri-Fäscht an.

Max Dohner

Eine der vielen Besonderheiten am Caliente-Festival in Zürich ist diese: Die Polizei kann reicher ernten als sonst an einem Wochenende. Überall falsch parkierte Autos. Kavaliere mit lateinamerikanischen Begleiterinnen können nicht den Zug und das Tram nehmen. Latinas putzen sich aufwändig heraus für die Fiesta: enger Stoff, kühner Schnitt, hohe Hacken. Zu toll, zu unbequem für weite Wege. Ein Bahnhofperron ist keine Bar oder Discobühne. Latinas lassen sich deshalb bis vor die Haustür chauffieren, und für diesen Service tut dann mancher Busse.

Es war aber auch wieder voll am Wochenende um den Helvetiaplatz und das Kasernenareal, desgleichen in der Langstrasse. Voller als je, rund 200 000 Besucherinnen und Besucher. Zwei Quartiere - eine einzige Festzone, ohne gröbere Zwischenfälle, kaum gestört von gelegentlichen Schauern, die eher noch mehr Dampf erzeugten als Abkühlung brachten.

20 000 - so stark kann die Latino-Gemeinde hierzulande gar nicht sein. Das Caliente ist darum das grösste Latino-Festival Europas, weil es längst nicht mehr nur «latino» ist. Tamilen machten Familienausflüge. Araberinnen in der Burka tummelten sich unter Brasilianerinnen mit Pailletten-Bikini und Federboa. Die schmutz und talgdurchwirkten Haare von Chreis-Chaib-Alkis waren von hinten kaum zu unterscheiden von den Zöpfen der Rastafaris. Es scheint, dass mit jedem Jahr die Welt grösser wird am Caliente, der Latino-Anteil indes schrumpft. «Latino» hat keine spezifische Geografie mehr, sondern ist eine spezifische Art, die Freizeit zu verbringen. Anders als in und mit Klischees kann das gar nicht gehen - und will auch niemand anders erleben.

Es fragt sich, ob sich der «Mercado Mundial», der sich ausserhalb des Volkshauses als eine Art Folklore-Chilbi mittlerweile fest installiert hat, auch ins Volkshaus selber einwirkt, das heisst auf die Qualität der musikalischen Darbietungen drückt. Roger Furrer (50), der Festivalleiter, ist seit Jahren ein gewiefter Kenner der Szenen. Auch dieses Jahr hatte er ein gutes Händchen, trotz viel brasilianischem Import. Nächstes Jahr will er das Festival im Rahmen des Züri-Fäschts durchführen, sagte er gestern Abend auf Anfrage. Gespräche seien im Gang.

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