Es dürfte kaum an Ihnen vorbeirhabarbert sein: dieses lustige Liedchen über Barbaras Rhabarberbar, welches uns auf allen möglichen Kanälen in die Gehörgänge gepulvert wird. Bodo Wartke und Marti Fischer sprechsingen durch die Geschichte einer Barbara, in deren Bar die Barbaren gerne Rhabarberkuchen assen. Der vertonte Zungenbrecher, der sich als Rap tarnt, wird gerade zum viralen Hit.
Rund um den Globus – dank TikTok wissen wir das – wird sogar dazu getanzt. In Amerika ebenso wie in Australien. Mal in Hausfrauenschürze, mal in ulkigen Kostümen. Obwohl die Rhabarber-Saison mittlerweile vorbei ist, gibt es kaum ein Entkommen vor diesem Zungenbrecher-Stakkato.
Und ja: Flucht wäre angebracht. Es ist aus mehreren Gründen ein nerviges Lied. Vielleicht fast der wichtigste: Es ist ein Zungenbrecher. Das sind die meist mittellustigen Wortketten, in denen sich ähnliche Silben und ähnlich klingende Begriffe zu einem gruseligen Satz versammeln, der wiederum einzig den Zweck hat, dass darüber gestolpert wird. Herzlich willkommen in Barbaras Rhabarberbar.
Die Lust, am Stolpern zuzuschauen
Und kaum stolpert jemand über diese Sprachwurzeln, wird auch sogleich gelacht. Aus «Dr Papscht het z’Spiez s’Späck Bschteck z’schpot bschtellt» wird bei einem Anfänger rasch «Dr Papscht het z’Spiez s’Späck … Ach, hör auf mit diesem Seich». Haha. Und es wird munter weitergestolpert und weitergelacht. Bis der Papst das Speck-Besteck in Spiez dann tatsächlich zu spät bestellt.
Alle diese Zungenbrecher sind ein bisschen die Hula-Hoop-Reifen der Sprache. Es geht einzig und allein darum, dass geübt wird. Irgendwann, bei der x-ten Wiederholung geht es dann schon. Entweder mit den kreisenden Hüften oder den Zungenbrechern. Und dann dient das eben Gelernte einzig dazu, es einem noch Ungelernten um die Ohren zu hauen. Zuzuschauen, wie er oder sie immer wieder stolpert, bis auch der oder die das weitergeben kann. Das ist der Circle der Zungenbrecher.
Es gibt so viele schöne Sachen, die mit Sprache gemacht werden können: Barbaras Rhabarberbar gehört nicht dazu. Auch darum kommen Zungenbrecher in unserem Alltag kaum vor – abgesehen von ein paar halblustigen Alliterationen. Stellen Sie sich mal einen Liebesbrief vor, der in diesem Sprachquark verfasst ist: «Herbert herzt Helga herzlich hart» oder «Beat balgt bald beim Barbarentanz bei Babara». Jedes einzelne Wort ein Trennungsgrund.
Knackig wie der Suva-Tanz
All die Rhabarberbars und Speckbestecke werden von Moderatoren und Schauspielerinnen vor den Auftritten eingesetzt, um ihr Mundwerk zu lockern. Damit nachher wichtige Sachen fehlerfrei gesagt werden können. Zungenbrecher sind damit auf einer Stufe wie Eindehnübungen vor dem Sport. Also sozusagen ein «Dance the Warm Up» – und es schüttelfrostet uns immer noch, wenn wir uns an diese Suva-Kampagne zur Skiunfallprävention zurückerinnern.
Musikalisch liegen zwischen dem zungenverknotenden Welthit und dem Skischuh-Tanz gar nicht mal so grosse Welten. Beide klingen so, als wäre in einem getäferten Sitzungszimmer darüber diskutiert worden, wie «nun dieser Rap» klingt. Oder besser: Eigentlich zu klingen hätte. Bei Bodo Wartke und Marti Fischer entstand so eine Kreuzung aus «Fresh Prince of Bel Air», den Fantastischen Vier und einem Schuss Deutschlehrer-Humor.
Es ist wohl eine Frage der Dosis. Gerade bei empfindlichen Menschen hinterlasse Rhabarber «auf den Zähnen ein stumpfes Gefühl» und könne «in grossen Mengen zu Vergiftungserscheinungen» führen, warnt eine Internetseite. Gemeint ist die Pflanze.
Der Song ist ab sofort aber mindestens mitgemeint.
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