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Sport

Lutz Scheuber verpasste den Eidgenössischen Kranz zweimal haarscharf - 2019 ist seine letzte Chance

Für Lutz Scheuber ist das Ob-/Nidwaldner Kantonalschwingfest in Oberdorf ein Heimspiel. In dieser Saison geht es für den 30-Jährigen um sehr viel.
Zuerst die Arbeit, dann der Sport: Lutz Scheuber, Baupolier und Schwinger aus Nidwalden. (Bild: Dominik Wunderli (Cham, 24. Mai 2019))

Claudio Zanini

Estavayer, im August 2016. Die Sonne brennt in die Arena, Lutz Scheuber stürmt mit gesenktem Kopf zum Ausgang. Vor wenigen Augenblicken hat er im achten und letzten Gang des Eidgenössischen gegen Henryc Thoenen ein ärgerliches Unentschieden eingefangen. Thoenen ist ein Schwinger aus der Stadt Basel, Scheuber auf dem Papier stärker. Den eidgenössischen Kranz hat er sich mit dem letzten Gestellten verspielt. Die Enttäuschung ist riesig, ein fragender Journalist erntet einen abweisenden Blick, keine Antwort.

Lutz Scheuber wird in diesem Jahr 31-jährig, als 16-Jähriger gewann er den ersten Kranz. Mit seinem Potenzial müsste er längst den Status eines Eidgenossen haben. Doch auf Wettkampfglück konnte sich der Nidwaldner in seiner Karriere selten verlassen. Das Problem in Estavayer war nicht unbedingt der letzte Gang gegen Thoenen. Schon in den Gängen zuvor wurde Scheuber mit hochkarätigen Gegnern beladen. Drei Eidgenossen hatte er auf dem Notenblatt. Alles damals schier unbezwingbare Berner: Matthias Siegenthaler, Simon Anderegg und der amtierende König Matthias Sempach. Scheuber verlor gegen alle drei. Wie viel im Schwingsport von der Einteilung abhängt, zeigte sich beim gleichen Fest am Beispiel von Stefan Stöckli. Der Luzerner gewann in Estavayer seinen ersten eidgenössischen Kranz. Und er musste gegen keinen einzigen Eidgenossen antreten, um die Auszeichnung zu holen.

Ein unschönes Déjà-vu

In der Endabrechnung fehlten Scheuber 0,25 Punkte zum Kranzgewinn. Drei Jahre danach sagt er: «Es wäre vergeudete Zeit, wenn ich mich darüber aufregen würde.» Die Sache mit der Einteilung, die nie für alle gleich fair sein kann, beschäftigt ihn kaum. «Wo Menschen richten und einteilen, ‹menschelt› es, das ist normal. Und auch wenn ein Schwinger vermeintlich leichte Gegner kriegt, muss er sie zuerst noch besiegen.» Besonders unglücklich an Scheubers Geschichte ist, dass er in Estavayer ein Déjà-vu erlebte. Denn 2013 war die Situation genau gleich. In Burgdorf fehlten ihm ebenfalls 0,25 Punkte. Zweimal war er nahe dran, zweimal hatte er am Ende nichts in der Hand.

Würde Lutz Scheuber Schwingen als seinen Beruf verstehen, würden ihn diese Misserfolge wohl mehr beschäftigen. Doch er ist einer dieser Athleten, die tatsächlich Vollzeit arbeiten und dies nicht nur angeben, weil es in der Szene gern gehört wird. Schwingen kommt bei ihm erst nach seiner Familie und der Arbeit als Baupolier. Ein kleiner Teil ist es dennoch nicht. Im Winter trainiert er bis zu zwölf Stunden in der Woche, während der Saison sind es immerhin noch sechs. «Ich wurde oft auf die verpassten eidgenössischen Kränze angesprochen. Aber Kränze sind nicht alles. Abgesehen davon waren diese beiden Feste wertvoll. Darauf konnte ich aufbauen», sagt er.

In Zug wird Scheuber Ende August sein letztes Eidgenössisches bestreiten, das ist für ihn schon jetzt klar. Es ist demnach auch die letzte Chance, um die höchste Auszeichnung im Schwingsport zu gewinnen. Der Start in diese so wichtige Saison verlief nach Plan. Am Urner Kantonalen reichte es bereits zum Kranzgewinn. Unweit seines Wohnortes soll ihm das am Sonntag erneut gelingen. Doch der Saisonhöhepunkt ist zumindest schon im Hinterkopf.

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