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Leserbrief

Taten aus der Portokasse

Zum Leserbrief «Taten statt Worte» von Matthias Kessler vom 19. August

Ihr Appell «Taten statt Worte» klingt gut. Doch Ihre «Tat» – der reflexhafte Griff in die Staatskasse – ist keine Lösung, sondern das Eingeständnis eines kompletten politischen Versagens. Sie und Ihre Kollegen weigern sich beharrlich, die eigentliche Krankheit unseres Bildungssystems zu behandeln: den systematischen Bruch des Idealismus unserer Lehrer. Diese Frauen und Männer treten aus Berufung an – um Kinder zu begeistern und zu bilden. Was erwartet sie? Eine Bürokratie-Maschinerie, die sie zu Administratoren degradiert. Ein Reformwahn, der stabile Strukturen permanent zerstört. Ein Lehrplan 21, der mit einer Flut an Kompetenzrastern jede Freude am vertieften Unterricht erstickt. Und die illusionäre Vorgabe, 20 individuelle Lernstände plus Integration plus Deutschförderung plus Verwaltung parallel zu bewältigen.

Das ist die Realität. Die Folge ist kein Burnout aus Überarbeitung, sondern ein moralischer Kollaps aus Sinnverlust. Die Energie für die Schüler verpufft im Kampf gegen den Apparat – mit den bekannten Folgen: Burnout, innere Kündigung und der Verlust genau der Lehrer, die wir am wenigsten entbehren können.

Ihre Lohnerhöhung ist ein Pflaster auf eine amputierte Gliedmasse. Sie kaufen die Idealisten kurzfristig ruhig, während das System sie langfristig zermürbt. Wir brauchen das Gegenteil. Weniger! Weniger Bürokratie, weniger Administration, weniger Kontrolle, weniger Reform-Chaos. Mehr! Mehr Vertrauen in die Profession der Lehrer, mehr Freiraum für echte Pädagogik statt Abhaken von Kompetenzen, mehr Zeit für die Kinder statt für Formulare.

Solange Sie nur den Geldautomaten im Rathaus bedienen können, anstatt das System fundamental zu entrümpeln, bekämpfen Sie Symptome, nicht die Ursache. Das kann jeder. Für Weitsicht und Lösungen wurden Sie gewählt.