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Leserbrief

Patriarchale Gewalt hat System

Zum Artikel «Höchste Kriminalitätsrate im Kanton seit elf Jahren» vom 26. März

Letzte Woche wurde die kantonale Kriminalstatistik veröffentlicht. Auffallend war dabei der Anstieg der Gewalttaten, besonders bei den schweren Gewalttaten im Bereich der sexuellen Integrität. Sicherheitsdirektor Xaver Schuler interpretiert diese alarmierende Erkenntnis jedoch als Zeichen für die gute Arbeit der Kantonspolizei.

Das Problem von sexualisierter Gewalt kann nicht durch «gute Arbeit der Polizei» gelöst werden. So zeigt die Kriminalstatistik mit einem Anstieg von 47 Prozent in zehn Jahren einen klaren Aufwärtstrend bei den Straftaten gegen die sexuelle Integrität. Dies ist besonders bei der Zunahme der Vergewaltigungen um 33 Prozent im letzten Jahr zu erkennen. Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Geschädigten grossmehrheitlich um Frauen beziehungsweise vermutlich Flinta-Personen handelt.

2025 kam es während 14 Wochen bereits zu 12 Femiziden in der Schweiz. Zudem hält auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese Woche mit seinem Urteil fest, dass die Schweiz Frauen ungenügend vor Gewalt schützt. So wird klar: Das Problem liegt in den gesellschaftlich verankerten patriarchalen Strukturen. Straftaten gegen die sexuelle Integrität, häusliche Gewalt und im schlimmsten Fall Femizide sind keine Einzelfälle. Sie sind ein Produkt von strukturell verankerter Misogynie und müssen als solches behandelt werden. Es reicht nicht, den alarmierenden Anstieg zur Kenntnis zu nehmen und die Polizei für ihre Arbeit zu loben.

Es braucht präzise statistische Erhebungen, um effektive und vollumfängliche Präventionsmassnahmen zu gewährleisten. Dazu gehören auch Informationen zur Geschlechtsidentität der Geschädigten und Täter. Patriarchale Gewalt ist systemisch und muss durch Bildung und Prävention bekämpft werden.