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Leserbrief

Eigenverantwortung im Klimaschutz

Zum Artikel «Klimawandel: Bill Gates gibt teilweise Entwarnung» vom 3. November

Als ehemalige Nachhaltigkeitsverantwortliche und Vielreisende kann ich Bill Gates nur beipflichten. Denn wer ausserhalb der All-inclusive-Resorts reist und den Menschen wirklich begegnet, sieht, wie in aufstrebenden und bevölkerungsreichen Nationen das Thema Ökologie gegenüber Wachstum und Versorgungssicherheit in den Hintergrund rückt.

Während der Bund Milliarden für ausländische Klimazertifikate ausgibt, fliessen zusätzlich dreistellige Millionenbeträge in «Klimaschutzprojekte» im Ausland – etwa in Indien in Biogasanlagen für Haushalte und für nachhaltige Energie in Neu-Delhi. Und gleichzeitig stösst Indien nach China und den USA am drittmeisten CO₂ aus – zur Hälfte verursacht durch Industriebetriebe ohne adäquate Filteranlagen. Und gleichzeitig fliesst das Abwasser eines Grossteils der 1,4 Milliarden Inder weiterhin ungefiltert in Flüsse und schliesslich in die Meere – schlicht, weil Kläranlagen fehlen. Und gleichzeitig gelangen jedes Jahr über 100 Millionen Kilogramm Plastikmüll in dieselben Ozeane – mangels funktionierender Abfallentsorgung oder Recycling. Kläranlagen, Abfallentsorgung, Recycling und Filteranlagen sind Technologien, die wir in Europa seit den 1970er-Jahren erfolgreich einsetzen.

Es ist höchste Zeit, unseren Fokus im Klimaschutz und in der Entwicklungshilfe zu schärfen: Statt auf reinen Geldtransfer oder ineffiziente Projekte müssen wir auf Know-how-Transfer setzen – auf die Weitergabe funktionierender Lösungen, nicht unbegrenzter finanzieller Mittel. Entwicklungshilfe muss endlich wieder der Entwicklung dienen – damit Länder ihre Bevölkerung in Eigenverantwortung versorgen können, ohne ihre Lebensgrundlagen zu zerstören. Denn nur so schützen wir auch unsere eigene Zukunft.