Wenn der Bundesrat in Sachen EU-Rahmenvertrag die «Stimme der Kantone» in Erfahrung bringen will, wendet er sich derzeit ausschliesslich an die Konferenz der Kantonsregierungen. Es sei diese Konferenz, die dem Bundesrat geraten habe, bezüglich des von Brüssel gewünschten neuen Rahmenvertrags auf das Ständemehr zu verzichten. Allein das Volksmehr genüge.
Diese Konferenz der Kantonsregierungen wurde als reines Diskussionsforum zwecks Erfahrungsaustausch unter Regierungsräten geschaffen. In der Bundesverfassung findet sich kein Wort von dieser Konferenz – und ganz gewiss keine Kompetenzerteilung, wonach diese Konferenz als «verbindliche Stimme der Kantone» aufzutreten ermächtigt worden wäre. Anerkennt der Bundesrat diese Konferenz als «verbindliche Stimme der Kantone», bricht er die Bundesverfassung.
Wenn der Bundesrat – wie jetzt bei seiner Absage ans Ständemehr – sich auf eine solche Stimme berufen will, dann riecht das nach Staatsstreich. Dieser hätte bedenkliche Folgen: Er würde dafür sorgen, dass die Kantone Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden aufgrund der Tatsache, dass sie viel weniger Einwohner haben als die grossen Stadtkantone, für den Bundesrat in die Stellung einer Quantité négligeable gegenüber der alles bestimmenden Stadtkantone abgedrängt werden. Ein Affront gegenüber den kleinen Kantonen und der ganzen Schweiz. Will Bundesrat Ignazio Cassis als jenes Mitglied der Landesregierung in die Geschichte unseres Landes eingehen, das den Föderalismus in der Schweiz zerschlagen hat?

