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Verärgerter Zuger Kantonsrat: Vermeintliches Routinegeschäft um Försterschule bringt Ex-Innendirektorin Manuela Weichelt harsche Kritik ein

Die ehemalige Direktorin des Innern, Manuela Weichelt, verantwortet bei einem Routinegeschäft eine Panne. Jetzt sieht sie sich dem Vorwurf ausgesetzt, den Kantonsrat übergangen zu haben.
An der interkantonalen Försterschule in Maienfeld werden auch Zuger Studenten ausgebildet.  (Symbolbild: Nadia Schärli (Luzern, 11. März 2020))

Kilian Küttel

Am 5. Juli 2018 war die Welt in Ordnung. Mit 67 zu 0 Gegenstimmen folgte das Kantonsparlament einem Antrag der Direktorin des Innern, der im Kanton Zug keine Opfer und nur Gewinner hinterlassen soll. Manuela Weichelt (ALG) hatte dem Kantonsrat vorgeschlagen, aus dem Konkordat auszutreten, das die interkantonale Försterschule in Maienfeld betreibt.

Nebst Zug gehören diesem das Fürstentum Liechtenstein und zwölf weitere Stände an, darunter Schwyz, Uri, Ob- und Nidwalden. Bereits am 20. Dezember 2017 hatte die Regierung den Vertrag gekündigt, die Genehmigung folgte am 5. Juli 2018, die Vereinbarung sollte am 31. Dezember 2020 enden.

Austritt hätte Finanzen entlasten sollen

Grund für Wei­chelts Vorschlag war das Geld: Alleine von 2012 bis 2019 flossen 315055 Franken aus Zug nach Maienfeld, um die Schule auszubauen. Und seit 2012 zahlte der Kanton Zug jährlich mindestens 56312 Franken für deren Betrieb. Zu viel für die damalige Direktorin des Innern und den Kantonsrat – zumal zwischen 2009 und 2017 im Durchschnitt jeweils nur ein Student aus Zug in Maienfeld eingeschrieben war.

Statt für Betrieb und Ausbau aufkommen zu müssen, sollte der Kanton pro Jahr und Student 21000 Franken für die Ausbildung berappen, wie dies eine andere Vereinbarung von 2012 vorsieht. Das Geschäft war offensichtlich so unspektakulär und wenig kontrovers, dass es die Medien praktisch geschlossen ignorierten. Einzig das Onlineportal «Nau.ch» vermeldete den Beschluss. In einem Satz mit 22 Worten.

Staatswirtschaftskommission ist «befremdet»

Damals konnte aber auch niemand ahnen, dass sich die unscheinbare Vorlage zu einer Geschichte auswachsen würde, die den Regierungsrat mehr als zwei Jahre später zu einer Rückzugsaktion nötigen sollte. Denn in der Session vom 24. September stimmt das Parlament über den Antrag der Regierung ab, den Austritt zu widerrufen und dem Konkordat Maienfeld per Januar 2021 wieder beizutreten.

Wer die Berichte der zuständigen Kommissionen und der Regierung liest sowie die Parteien nach ihrer Haltung fragt, kommt unweigerlich zum Schluss: In der damaligen Direktion des Innern ist etwas schief gelaufen. Die Staatswirtschaftskommission schreibt in ihrem Bericht und Antrag vom 26. August etwa, sie sei «befremdet darüber, wie unsorgfältig das Geschäft (...) von der dazumal zuständigen Direktion vorbereitet und vom damaligen Regierungsrat verabschiedet worden ist». Die Folgen seien ärgerlich, hätten viel gekostet und einen «grossen administrativen Aufwand verursacht».

Denn nach der Abstimmung vom 5. Juli 2018 zeigte sich, dass der Austritt nicht reibungslos vonstattengehen könnte. Laut dem Bericht der Regierung gab es Unstimmigkeiten, als die damalige Innendirektion den Austritt mit der Försterschule Maienfeld koordinieren wollte. Schuld war die Waldverordnung des Bundes. Diese schreibt den Kantonen vor, für die Ausbildung ihrer Förster zu sorgen und die notwendigen Schulen zu betreiben.

Handelte Weichelt eigenmächtig?

Die Försterschule war der Meinung, der Kanton Zug verletze diese Pflicht, wenn er aus dem Konkordat austritt. Dann, am 31. Oktober 2018, schickt die Innendirektion ein Schreiben nach Maienfeld, das den Anstoss zur Rückzugsaktion gibt, in Zuger Politkreisen Sorgen auslöst und das unsere Zeitung mit Verweis auf das Öffentlichkeitsprinzip einsehen wollte. Der Kanton Zug gibt das Dokument wegen der laufenden Debatte jedoch nicht heraus.

Laut dem Bericht der Regierung schreibt Weichelt dem Stiftungsrat in Maienfeld, Zug sei bereit, nach dem Austritt «klar abgegrenzte Betriebsbeiträge (...) zu leisten». So wollte man das Problem mit der Bundesverordnung lösen. Daraufhin legte der Stiftungsrat eine Vereinbarung vor, wonach alle Zuger Studenten den Studierenden von Konkordatsangehörigen gleichgestellt sein sollten und wonach der Kanton Zug weiter für den Schulbetrieb zahle.

Nur: Diese Abmachung hatte nicht dem entsprochen, was der Kantonsrat beschlossen hatte. Deshalb schrieb Weichelts Nachfolger, Andreas Hostettler (FDP), am 24. Januar 2019 nach Maienfeld, er könne die Vereinbarung nicht unterzeichnen. Auf Anfrage unserer Zeitung sagt Andreas Hausheer (CVP), der Präsident der Staatswirtschaftskommission:

«Fehler können passieren. Wenn aber solche Fehler erkannt werden, geht es schlicht nicht, dass die Verwaltung eigenmächtig Schritte unternimmt, die nicht dem Willen des Kantonsrats entsprechen.»

Um weitere Pannen zu verhindern, beauftragte der Regierungsrat die Universität Fribourg mit einem Gutachten. Diese sollte herausfinden, ob Zug die Bundesverordnung verletzt, wenn der Kanton aus dem Konkordat austritt. Zusammengefasst kamen die Gutachter zum Schluss, die Verordnung stehe einem Austritt zwar nicht im Weg. Das ändere aber nichts an der Pflicht, die kantonseigenen Förster auszubilden – entweder in Maienfeld oder an der zweiten Försterschule im bernischen Lyss. Dafür würde aber eine weitere Vereinbarung zwischen dem Kanton Zug und den Träger der Försterschulen notwendig. Diese Zahlungen müssten vergleichbar mit jenen der Konkordatskantone sein.

Kurz: Ein Austritt käme den Kanton Zug nicht günstiger als ein Verbleib. In ihrem Bericht schreibt die Regierung deshalb:

«Die Ausgangslage hat sich damit nachträglich grundlegend geändert.»

Konsequenz: Die Regierung beantragt dem Kantonsrat, seinen Beschluss vom 5. Juli 2018 aufzuheben. Eine Nachfrage bei den Fraktionschefs zeigt, dass die Kantonsratsparteien diesem Antrag folgen dürften – wenn auch mehr aus Frust denn aus Überzeugung.

CVP-Fraktionschef fordert Rüge für Regierung

Denn: Das Parlament ist not amused. Gleich wie die Staatswirtschaftskommission sprechen CVP und FDP unisono von «Befremdung». CVP-Fraktionschef Thomas Meierhans sagt gar, die Regierung gehöre «stark gerügt.» Und SP-Fraktionschef Alois Gössi meint: «Dem Kantonsrat bleibt nichts anderes übrig, als die Kündigung zurückzunehmen.»

Und was sagt Manuela Weichelt zur Kritik? Auf Anfrage erklärt die grüne Nationalrätin, sie könne diese nicht nachvollziehen:

«Der Regierungsratsentscheid wurde von der Konkordatskommission und vom Kantonsrat einstimmig gutgeheissen. Den Gremien lagen alle vorhandenen Unterlagen vor.»

Zum Vereinbarungsentwurf aus Maienfeld könne sie nichts sagen, da dieser gemäss den öffentlich einsehbaren Unterlagen erst 2019 der Regierung zugestellt wurde. Damals sei sie schon nicht mehr im Amt gewesen.

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