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Zugersee- und Ägerisee-Pegel nähern sich Rekordtief

Anhaltendes sonniges Wetter und kaum Regen haben dazu geführt, dass die Seepegel im Zugersee und Ägerisee extrem niedrig sind. Aus kleinen Fliessgewässern darf ohne Bewilligung kein Wasser mehr entnommen werden.
Eine Notabfischung ist im Lissibach noch nicht nötig, der Pegel des Baches ist aber kritisch. (Bild: Werner Schelbert (Baar, 20. Juli 2018))

Andrea Muff

Strahlender Sonnenschein, wolkenloser Himmel, blaues Wasser – und braune Flecken in Wiesen oder am Strassenrand. Dass es in den letzten Tagen sehr trocken gewesen ist, weiss auch jeder Hobbygärtner, der seine Pflanzen täglich vor dem Verdursten retten musste. Obwohl für das Wochenende Niederschläge vorhergesagt sind, werden diese wohl nicht ausreichen, um den Boden nachhaltig zu bewässern oder den Seepegel steigen zu lassen.

Der aktuelle Pegelstand des Zugersees liegt bei 413,23 Metern über Meer (Stand: 19. Juli, 14 Uhr). Er ist der tiefste im Juli seit Messbeginn 1930. Der Seepegel des Zugersees liegt damit rund 37 Zentimeter unter dem langjährigen hochsommerlichen Mittel. Das bisherige absolute Minimum von 413,12 Metern über Meer wurde vor über 70 Jahren im Oktober 1947 verzeichnet. Auch der Ägerisee hat im Monat Juli den Tiefstand seit Beginn der Messungen 1974 erreicht: 732,34 Meter über Meer (Stand: 19. Juli, 14 Uhr).

Der tiefste je gemessene Stand von 723,23 Metern über Meer wurde im November 2015 verzeichnet. Die niedrigen Wasserpegel betreffen auch die Schifffahrt: Die Mediensprecherin der Zugerland Verkehrsbetriebe AG, Karin Fröhlich, beruhigt: «Zurzeit können alle Kurse und Haltestellen normal befahren werden. Die Situation wird aber laufend überprüft.» Der Höheunterschied zwischen den Schiffen und Stegen sei an einigen Haltestellen aber beachtlich, gibt sie zu. Die Schiffsmannschaften würden aber bei Bedarf beim Ein- und Aussteigen helfen.

Grünes Licht für Wasserentnahmen aus Seen

Auch Roland Krummenacher, Leiter des Amtes für Umweltschutz, gibt Entwarnung: «In Bezug auf die Trinkwasser- und Energieversorgung sind die sinkenden Pegelstände der Zuger Gewässer zurzeit sicher noch nicht kritisch.» Auch bezüglich Wasserentnahmen aus den beiden Seen könne noch grünes Licht gegeben werden, obwohl sich die Seepegel den absoluten Tiefständen nähern würden. Ein anderes Bild zeigt sich aber bei Wasserentnahmen aus Fliessgewässern: «Hier können aus Rücksicht für die darin lebenden Wasserorganismen, insbesondere den Fischen, nur noch aus der Reuss temporäre Bewilligungen für Wasserentnahmen zur Bewässerung infolge der anhaltenden Trockenheit erteilt werden», so Krummenacher.

Bei kleineren Fliessgewässern und Bächen ist jegliche Wasserentnahme «praktisch undenkbar», deshalb wurde vorausschauend kürzlich an die Bewilligungspflicht erinnert. «Wir nehmen entsprechende Anfragen aus der Landwirtschaft und von Gartenbauunternehmen aufgrund der aktuellen Trockenheit kritisch unter die Lupe», sagt Roland Krummenacher.

Im Kanton Luzern ist es vor kurzem sogar zu Notabfischungen in gewissen Gewässern gekommen. Im Kanton Zug ist das noch nicht der Fall, wie Raphaela Tinner vom Amt für Wald und Wild weiss. Es gebe aber durchaus Bäche, die kritische Pegelstände hätten, wie etwa der Lissibach zwischen Baar und Sihlbrugg, der untere Teil des Dersbachs in Hünenberg oder der Lutisbach zwischen Ober- und Unterägeri.

Abgesehen von der geringen Wasserführung erwärmt sich das Gewässer auch schneller und stärker: Für Bachforellen etwa bedeute eine Temperatur ab 19 Grad Celsius Stress, und ab 25 Grad würden die Fische verenden, erklärt die Abteilungsleiterin. «Die grösseren Fliessgewässer haben sehr wenig Wasser, eine Notabfischung ist aber noch nicht nötig», versichert Tinner.

Seewasserwerk läuft auf Hochtouren

Bei den Grundwasserständen hat das Amt für Umweltschutz aktuell zusätzliche Messungen durchgeführt. Diese seien erwartungsgemäss tief, aber: «Die Grundwasservorräte sind in den grösseren Grundwasservorkommen immer noch mehrere Meter mächtig und der Zustand dort noch nicht kritisch», weiss Krummenacher. Dies bestätigt auch der Oberägerer Brunnenmeister Erich Duss, der für das Seewasserwerk Ägeri zuständig ist. Dieses laufe derzeit auf Hochtouren: «Der Quellwasserertrag liegt momentan sogar tiefer als im Hitzesommer von 2003.» Der See führe aber noch genug Wasser.

Doch auch an Land macht sich die Trockenheit bemerkbar: «Die letzte vergleichbare Trockenperiode war 2015 oder gar im Hitzesommer 2003», präzisiert Raphaela Tinner, Abteilungsleiterin Walderhaltung, Waldplanung und Waldpflege. Momentan sind vor allem die südexponierten Lagen, die Waldränder und Kretenlagen von der Trockenheit betroffen. «Insbesondere entlang des Zugersees und im Gebiet Ennetsee sind die Bäume langsam gestresst und weisen erste Trockenheitssymptome auf», erklärt die Abteilungsleiterin weiter.

Bei Trockenstress schliessen die Pflanzen ihre Blattporen, um die Verdunstung von Wasser zu reduzieren. «Wenn sie das nicht machen würden, würden sie vertrocknen.» Als Folge eines trockenen Sommers könne dann eine frühere Herbstverfärbung und ein verfrühter Blattfall eintreten, so die Forstingenieurin weiter. «Der Baum reagiert somit mit einem Rückzug seiner Kräfte und geht in den ‹Winterschlaf›.» In der gestressten Phase sei der Baum auch auf äussere Faktoren wie Borkenkäfer- oder Pilzbefall anfälliger. Es könne dadurch zu mehr absterbenden Bäumen kommen, weiss Raphaela Tinner.

Um auch die Grundwasserversorgung sowie die Wasserversorgung der Bäume wieder sicherzustellen, bräuchte es über längere Zeit regelmässig wiederkehrende Niederschläge. «Gewitter bringen momentan zwar lokal schnell viel Wasser auf den Boden, jedoch kann der Boden dieses nicht aufnehmen», sagt Tinner. Es fliesse oft oberflächlich ab und sei eher wie ein Tropfen auf den heissen Stein. «Es bräuchte mehrere nacheinander folgende Regentage, um die Böden nachhaltig zu befeuchten.» Dies würde reichen, um die Waldbrandgefahr etwas zu senken. In der vergangenen Woche wurde diese auf «erheblich» erhöht, die dritte von fünf Stufen.

Die Vorteile der Trockenheit

Auch die Landwirte im Kanton Zug spüren die Trockenheit. «Das Gras wächst nicht, das ist momentan das grösste Problem», erklärt Thomas Rickenbacher, Präsident des Zuger Bauernverbandes. Dies könne vor allem im Herbst und Winter Auswirkungen auf die Heubestände haben. «Wenn das Futter für die Tiere knapp wird, muss entweder welches dazugekauft oder der Tierbestand reduziert werden.» Rickenbacher kann dem anhaltend schönen Wetter aber auch einen Vorteil abgewinnen: «Durch die Trockenheit und Wärme gab es keinen Pilzbefall oder Fäule beim Obst.» Ein gutes Jahr für Beeren, meint er.

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