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Zug

Gotteshaus auf Rädern: Dieser Kapelle muss auch das Strassenverkehrsamt den Segen geben

Ein Verein aus Oberägeri hat ein schweizweit wohl einzigartiges Gotteshaus auf Rädern bauen lassen. Dieses gefällt auch dem Bischof.

Zu den bekanntesten Holzbauten der Bibel zählt die Arche Noah. Maler stellen sie als Haus auf einem Schiff dar. Seit einigen Tagen steht bei der katholischen Kirche Oberägeri ein auffälliges Holzgebäude, das ebenfalls mobil ist. Es schwimmt allerdings nicht, denn es handelt sich um eine fahrbare Kapelle. Jene wurde nach den Plänen eines eigens gegründeten Vereins gebaut. Das Holzgebäude ist 7,2 Meter lang, 2,5 Meter breit und 4 Meter hoch. Ihr Gewicht beträgt 3,4 Tonnen. Sie wird in den nächsten Monaten in den Berggemeinden unterwegs sein (siehe Fussnote).

Der Kopf hinter dieser Idee heisst Thomas Betschart (43). Der Allenwindner, der als Religionslehrer in Oberägeri tätig ist, lebte mit seiner Familie ein Jahr lang in der italienischen Stadt Assisi. Deren berühmtester Sohn Franz gründete den Franziskanerorden und wurde heiliggesprochen. Thomas Betschart lernte in Assisi die intime Atmosphäre von Kapellen kennen und schätzen. «Ich habe mich dort immer total wohlgefühlt und zu mir gefunden.»

Als Vorbild dienten die Tiny Houses

Diese Erfahrung wollte er teilen – auf eine neue Art. Denn der Kanton Zug ist, gerade im Berggebiet, eigentlich reich an diesen kleinen Gotteshäusern. Betschart sagt:

«Wir wollten nicht einfach eine solche nachbauen und damit herumfahren, sondern die Kapelle neu interpretieren und attraktiver gestalten. Deshalb haben wir uns für den Tiny-House-Stil entschieden.»

Diese Bezeichnung steht für winzige, oft mobile Häuser, die in den USA aufgekommen sind. Sie ermöglichen jedermann ein Eigenheim und drücken materielle Bescheidenheit aus.

Thomas Betscharts Idee stiess rasch auf Anklang. Urs Stierli, der Pastoralraumleiter Zug Berg, zeigte sich begeistert, und innert Kürze fanden im vergangenen Herbst 25 junge Frauen und Männer im Verein die.kapelle zusammen. Dieser wird von Betschart präsidiert. Mit seinen 43 Jahren gehört er zu den ältesten Vereinsmitgliedern – ein Stimmrecht habe er indes nicht. Dieses sei in den Statuten auf 30 Jahre begrenzt worden. «Die fahrende Kapelle ist eine Sache von Jungen für Junge», erklärt Betschart, der ein «Präsident mit baldigem Ablaufdatum» sei.

Einer der jüngeren Verantwortlichen im Verein ist Dominik Lüde (21). Der Oberministrant und Zimmermann aus Oberägeri überwachte bei seinem Arbeitgeber den Bau. Die Auslagen von rund 48000 Franken habe man grösstenteils durch Spenden wieder hineingeholt, sagt Thomas Betschart. Für die freie Fahrt der Kapelle fehlt noch der Segen des Strassenverkehrsamts. Am Montag wird Betschart sie dort vorführen.

Sogar Konzerte sind möglich

An den jeweiligen Standorten steht sie zu den üblichen Kirchenöffnungszeiten jedermann offen. Auch Kerzen zum Anzünden findet man darin vor. Um diesem altbekannten Brauch einen modernen Anstrich zu verleihen, stecken die Rechaudkerzen in verschiedenfarbigen Gläsern. Die Besonderheit liegt aber in ihrer Mobilität. Dank dieser macht die fahrende Kapelle ein geflügeltes Wort wahr und bringt die Kirche zu den Menschen. Der Verein beratschlagt Einsatzmöglichkeiten, gemäss Betschart beispielsweise auf Weihnachtsmärkten. Darüber hinaus könnte sie für Firmgespräche, Gesprächsabende oder gar Kleinstkonzerte offenstehen – «natürlich erst nach den Coronamassnahmen», ergänzt Betschart.

Die Pandemie hat der Anfangseuphorie der Verantwortlichen einen leichten Dämpfer versetzt. Denn der Bischof Felix Gmür höchstselbst hatte sich bereit erklärt, die Einsegnung der fahrenden Kapelle in Oberägeri vorzunehmen. Dies sei unter den gegebenen Umständen nicht möglich. «Die Einsegnung wird im Herbst in irgendeiner Form nachgeholt», sagt Betschart. Einer breiten Öffentlichkeit soll sie im Herbst an der Zuger Messe vorgestellt werden.

Die fahrende Kapelle steht noch bis zum 15. Juni in Oberägeri. Die weiteren Standorte sind hier zu finden.

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