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Zug

Die Geschichte der Frauen in der Zuger Politik: Rückblick auf 50 Jahre

Seit der Einführung des Frauenstimmrechts auf nationaler Ebene im Jahr 1971 haben sich Gesellschaft und Politik gewandelt. Was bleibt? Sechs Fragen und Antworten.
Auf dem Bundesplatz in Bern demonstrieren am 1. März 1969 mehrere tausend Frauenrechtlerinnen und weitere Personen für das Frauenstimmrecht. (Bild: Joe Widmer / Photopress)

Armin Jans

Armin Jans

Armin Jans

Die politische Landschaft im Kanton Zug hat sich in den letzten 50 Jahren stark verändert. Als das Frauenstimmrecht eingeführt wurde, beherrschte die CVP Regierungsrat und Kantonsrat seit über hundert Jahren. Von 1918 bis 1982 lautete die Zauberformel im Regierungsrat 4 CVP, 2 FDP und 1 SP. Von den 57 Gemeinderatssitzen hielt die CVP im Jahr 1970 noch 31. Erst im Wahljahr verlor die CVP 1982 ihre absolute Mehrheit auf kantonaler Ebene, 1990 auch ihre Mehrheit in den Zuger Gemeinderäten. 1990 gelang der ALG mit Hanspeter Uster, 1998 auch der SVP erstmals der Einzug in den Regierungsrat. Mittlerweile haben SP und ALG ihre Regierungsmandate verloren.

Wie die Grafik zeigt, verlor die CVP seit 1970 mit Abstand am meisten Mandate, gefolgt von der FDP. Hauptgewinner waren die SVP und die ALG, während die SP stagnierte.

Neue Zusammensetzung der Bevölkerung

Zählte der Kanton Zug 1970 noch 68000 Einwohner, waren es 2019 rund 128000. Diese starke Zunahme war zu mehr als der Hälfte auf die Zuwanderung aus anderen Kantonen und aus dem Ausland zurückzuführen. Die sich daraus ergebende neue Zusammensetzung der Bevölkerung, der höhere Bildungsstand, der Wandel zur Dienstleistungswirtschaft, die stärkere Vernetzung mit dem Ausland, die Säkularisierung, aber auch die 1968er-Bewegung, aktivere Frauenbewegungen und das neu erwachte Umweltbewusstsein trugen dazu bei, dass die Gesellschaft aus traditionellen Geleisen ausbrach und immer vielfältiger wurde.

Das äusserte sich auch in der Parteienlandschaft. Zu den drei etablierten Parteien CVP, FDP und SP kamen in den achtziger Jahren die Alternativ-Grünen, in den 1990er-Jahren die SVP und jüngst die Grünliberalen hinzu. Welchen Einfluss hatte das Frauenstimmrecht? Aus den Nationalratswahlen seit 1995 weiss man, dass Frauen tendenziell grüner und linker, aber auch etwas häufiger CVP wählen als Männer. Ob das auch auf den Kanton Zug zutrifft, lässt sich daraus aber nicht ableiten.

Aufwärtstrend seit dem Jahr 1971?

In der nachfolgenden Grafik ist die Vertretung der Frauen in den vier wichtigsten politischen Gremien seit 1974 dargestellt. Die Frauen fassten schneller und stärker in den Parlamenten als in den Exekutiven Fuss. In den Gemeinderäten gelang ihnen der Einstieg viel früher und auch stärker als im Regierungsrat. Bis 2002 zeigt sich ein klarer Aufwärtstrend, danach eher eine Konsolidierung.

Gibt es weniger Frauen- als Männerkandidaturen?

Im letzten Jahrhundert war es für Frauen nicht einfach, Erwerbstätigkeit und Familie zu vereinbaren. Eine politische Tätigkeit wurde umso schwieriger. Kein Wunder, waren die sechs Kantonsrätinnen von 1974 bis 1982 entweder kinderlos oder ohne Kinder im Schulalter, manche ausschliesslich Hausfrauen. Nicht zuletzt dank Blockzeiten in der Schule und ausgebauter Kinderbetreuung hat sich das heute verändert. Jedenfalls zeigt sich beim Anteil der Frauenkandidaturen ein ansteigender Trend bis zum Wahljahr 2018. Bei Exekutivämtern liegt er jetzt ungefähr bei einem Viertel, bei den beiden Parlamenten bei knapp einem Drittel, also weit hinter den Männern zurück.

Haben Frauen geringere Chancen, gewählt zu werden?

Im Regierungsrat und im Kantonsrat lag die Vertretung der Frauen immer unter ihrem Anteil an allen Kandidierenden. Neu kandidierende Frauen hatten geringere Wahlchancen als neu kandidierende Männer, bisherige Frauen wurden dagegen häufiger im Amt bestätigt als Männer.

Bei den Gemeinderäten waren die Wahlchancen der bisherigen wie der neu kandidierenden Frauen im jüngsten Wahljahr 2018 grösser als die der Männer. Im GGR Zug war dies 2018 nur bei den neu kandidierenden Frauen der Fall.

Was ist entscheidend für eine erfolgreiche Wahl?

Wieder kandidierende Amtsinhaberinnen hatten eine überdurchschnittlich hohe Wahlchance gegenüber allen anderen Kandidierenden. Eine Abwahl war selten, bei Frauen ging sie fast immer mit einem Sitzverlust ihrer Partei einher.

Alle neu Kandidierenden sind dagegen deutlich weniger chancenreich. Sitzgewinne beziehungsweise -verluste der eigenen Partei beeinflussen ihre Wahlchancen ebenso wie die Anzahl Rücktritte von bisherigen Amtsinhabern. Dies besonders bei Exekutivämtern, die seit 2014 im Majorzverfahren gewählt werden.

Gibt es typische Frauen-Politkarrieren?

Vor dem Einzug in den Regierungsrat hatten fast alle Frauen und Männer parlamentarische Erfahrungen gesammelt. So waren alle fünf bisher gewählten Regierungsrätinnen vorher im Kantonsrat, zwei amtierten unmittelbar vor ihrer Wahl als Kantonsratspräsidentin. Bei den Männern war der Weg über den Kantonsrat etwas weniger häufig, sie konnten auch in einem Gemeinderat oder in anderen Gremien aktiv sein. Fast alle Stadträtinnen sassen vor ihrer Wahl im Grossen Gemeinderat, während die Stadträte ebenso oft Kantonsräte waren. Die überwiegende Mehrzahl der gewählten Gemeinderätinnen und Gemeinderäte übte vor ihrer Wahl kein politisches Amt aus. Sie konzentrierten sich meistens auf das lokale Amt und verzichteten auf einen Einsitz im Kantonsrat.

Demnach kann nicht von typischen Frauenkarrieren gesprochen werden. Für den Einstieg ist ein gutes Netzwerk und eine hohe Bekanntheit in der Wohngemeinde wichtig. Für den Aufstieg sind politische Erfahrung und ein Leistungsausweis zentral. Dies unabhängig vom Geschlecht.

Wie sieht die Situation in Zug im nationalen Vergleich aus?

Der Frauenanteil im Zuger Regierungsrat lag immer unter dem nationalen Mittel, im Kantonsrat schwankte er um dieses herum und erreichte es 2018 knapp. In den Gemeinde-Exekutiven war er 1988 unter, 2017 über dem nationalen Durchschnitt. Im Zuger Stadtparlament lag er bis 2010 meist über dem Durchschnitt aller schweizerischen Städte, 2018 leicht darunter.

Fazit: Zug ist weder Pionier noch Schlusslicht

Der Kanton Zug war und ist weder Pionier noch Schlusslicht bei der politischen Vertretung der Frauen. Als das Frauenstimmrecht 1971 eingeführt wurde, rangierte er mit seinen 60 Prozent Ja unter allen Kantonen genau in der Mitte. Die Zuger Frauenvertretung im Regierungsrat und im Kantonsrat liegt gegenwärtig auf Rang 16, jene in den Gemeinderäten auf Rang 6 unter den Kantonen. Der aktuelle Frauenanteil von rund 30 Prozent in den beiden Parlamenten und in den Gemeindeexekutiven und von 15 Prozent im Regierungsrat verdeutlicht, dass es noch viel Luft nach oben gibt.

In einer Artikelserie beleuchtet die «Zuger Zeitung» gemeinsam mit Gastautor Armin Jans die Geschichte der Frauen in der Zuger Politik. Armin Jans (Jahrgang 1949), ist verheiratet und lebt in Zug. Bis 2014 war er Professor für Volkswirtschaftslehre an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, zudem sass er für die SP im Grossen Gemeinderat Zug (1978 bis 1986), im Kantonsrat (1986 bis 1995) und im Nationalrat (1995 bis 1999). Er amtete als Mitglied des Bankrats der Schweizerischen Nationalbank und der Zuger Kantonalbank. Mit diesem Beitrag endet die fünfteilige Serie.

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