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Zug

Die Bedeutung des Tuns ist wichtiger als Erfolg

Am Donnerstag fand auf dem Campus der International School Zug and Luzern das zweite Youth Forum Switzerland statt. Im Zentrum stand die Begegnung mit etwa 30 «Changemakers» aus der ganzen Welt.
Ole Kuney Moinget bei seiner Rede am Youth Forum Switzerland. (Bild: Stefan Kaiser, Hünenberg, 17. Januar 2019)

Dorotea Bitterli

Er steht gross und hager auf dem Podium vor den Hunderten von jugendlichen Augenpaaren, gekleidet in die drei typischen farbigen «Laken», in welche sich Angehörige des in Kenia und Tansania lebenden Massai-Stammes hüllen. In der Linken hält er einen weissen, mit Silberplättchen verzierten Stab, in der Rechten eine Art Fliegenklatsche aus Tierhaar. Aber diese dient dazu, böse Geister zu vertreiben, und der Stab bringt Fluch über jene, auf die mit ihm gedeutet wird, und beides sind Symbole der Stellung, welche Ole Kuney Moinget in seinem Stamm innehat, den eines «Chief», eines Häuptlings.

«Meine Aufgabe ist es, meinem Stamm den Weg zu weisen und ihn nach aussen zu vertreten», berichtet der promovierte Doktor der Medizin, der für rund 200000 Massai in Nord-Tansania verantwortlich ist. Wasser, Gesundheit und Ausbildung sind die Hauptprobleme, mit denen er konfrontiert ist – alle drei sind für die Massai und ihre Kultur überlebenswichtig. Und dann erzählt er, wie seine Leute noch immer von Milch, Fleisch und Blut ihrer Kühe, Ziegen und Schafe leben. Und dass die jungen Massai-Männer ein halbes Jahr lang im Busch jagend und sammelnd überleben und dabei auch Begegnungen mit wilden Tieren bestehen müssen, bevor sie zum vollwertigen Mitglied des Stammes werden. Seine zahlreichen jungen Zuhörer spitzen die Ohren, als er von seinem eigenen Kampf mit Löwen berichtet. «Misslingen ist keine Option», fügt er verschmitzt hinzu.

Die Zukunft nachhaltig gestalten

Was da vordergründig als abenteuerliche Erzählung einer weit entfernten fremden Kultur daherkam, war sofort auch ein eindrückliches Bild für das, was alle am zweiten Youth Forum Switzerland YFS bewegt: Wie der Mensch auf dieser Erde steht, mit ihren Gesetzen leben und sich darin bewähren muss, und – dass wir uns das Misslingen unseres Zusammenlebens untereinander und mit dem Planeten nicht leisten können. «Unsere Welt verstehen – die Zukunft nachhaltig gestalten» lautete das Thema.

Der Massai-Chief war nur einer von 30 aus allen Weltgegenden und den verschiedensten Tätigkeitsbereichen stammenden Rednern, welche die Studierenden der International School Zug and Luzern (ISZL) zum Forum eingeladen hatten. Gemeinsam war allen, dass sie Zukunft vorausdenken und einflussreich mitverantworten. In 14 Vorträgen und sechs Podiumsgesprächen teilten und diskutierten diese «Changemakers» ihr Wissen und ihre Erfahrung mit den Jugendlichen der ISZL und weiterer schweizerischer Mittelschulen (insgesamt etwa 600). Die eintägige Veranstaltung bot darüber hinaus eine «Connection fair» (Begegnungs-Messe) und eine Kunstausstellung und war als «Zero-Waste»-Anlass (Null-Abfall) ausgeschrieben.

Nikoline, 17, eine der jugendlichen Organisatorinnen des YFS, erzählt mit leuchtenden Augen, wie alle Schüler der ISZL in den Abschlussklassen eine Art «Landdienst» in wohltätigen Organisationen absolvieren. Afrika ist eine gern gewählte Destination: Michael Huber, Deutschlehrer und seit Jahren mit Ole Kuney Moinget befreundet, führt immer wieder Schülergruppen zu den Massai. Nachhaltigkeit für Afrika ist daher ein naheliegendes Thema am YFS, und neben Moinget spricht deshalb auch Trevor Downham, der in Südafrika mit seiner Genesis Trust eine Organisation ins Leben gerufen hat, die sich der vielen Aids-Infizierten seines Landes annimmt. «Was heisst nachhaltig?», fragt er. «Was ist es, das uns herausreisst, verwandelt, handeln und diese Welt verändern lässt?» Mit Wärme spricht der norwegischstämmige Pastor von dem Augenblick, als ihn am Bett eines an Aids auf grässliche Weise sterbenden Jungen die Erkenntnis traf: «Das ist es, was ich tun muss.» Er gebraucht das lateinische Wort «Momentum» dafür, und fügt hinzu: Wir haben gelernt, nach Erfolg (Success) zu streben, aber wenn wir sterben, zählt nur noch die Bedeutung (Significance) dessen, was wir getan haben.»

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