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Zug

Denkmalschutz Zug: Schützenswert heisst nicht geschützt

Im Volksmund werden die denkmalpflegerischen Begriffe schützenswert, inventarisiert oder geschützt in ihrer Bedeutung oft vermischt.
Denkmalschutz: Die korrekte Anwendung der Begriffe ist entscheidend.
(Bild: Maria Schmid, Oberägeri, 1. Februar 2018)

Andrea Muff

Andrea Muff

Insgesamt stehen im Kanton Zug von rund 25'000 Gebäuden 1464 im Inventar der schützenswerten Denkmäler, das entspricht 5,8 Prozent. Unter Denkmalschutz stehen 563 Objekte, was 2,2 Prozent des gesamten Gebäudebestandes ausmacht (siehe Tabelle). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 92 Prozent der Gebäude im Kanton Zug weder schützenswert noch geschützt sind. Am 24. November stimmen die Zuger über das revidierte Denkmalschutzgesetz ab und oft werden die Begriffe schützenswert und geschützt nicht präzise angewandt. Denn im Volksmund wird zwischen ihnen kaum unterschieden.

Das Inventar der schützenswerten Denkmäler

Zunächst zur Geschichte des Inventars der schützenswerten Denkmäler: Dieses wurde 1991 mit dem damals neu geschaffenen Denkmalschutzgesetz eingeführt. Per Ende 2018 wurde es in insgesamt sieben Jahren revidiert. Bei dieser Überarbeitung berücksichtigte das Amt für Denkmalpflege und Archäologie Bauten, die bis 1975 erstellt wurden. Das aktualisierte Inventar wurde nötig, um eine bessere Planungssicherheit zu garantieren.

Die kantonale Denkmalpflegerin, Franziska Kaiser, erklärt: «Es hat vor der Aktualisierung Fälle gegeben, bei denen erst bei der Eingabe des Baugesuches eine allfällige Schutzwürdigkeit vermutet und dann festgestellt wurde.» Beim vorherigen Inventar herrschte keine Systematik, präzisiert Kaiser. So sei teilweise viel Geld in die Planung eines Bauvorhabens investiert worden, ohne zu wissen, ob das Objekt unter Schutz gestellt werden könnte. «Dieses Risiko besteht nun nicht mehr.» Nun sei das Inventar komplett und diene den Eigentümern sozusagen als «Frühwarnsystem».

Nicht jedes Objekt kommt später unter Schutz

Wenn nun ein Objekt im Inventar der schützenswerten Denkmäler steht, «vermutet» das Amt für Denkmalpflege und Archäologie, dass es sich bei ihm um ein schützenswertes Denkmal handeln könnte. Das heisst, bei einem geplanten grösseren Bauvorhaben oder wenn die Eigentümerschaft einen entsprechenden Antrag stellt, wird die Schutzwürdigkeit abschliessend geklärt. «Dann erfolgt, nach Abwägung aller öffentlicher und privaten Interessen, die Unterschutzstellung, also die Aufnahme eines Objekts ins Verzeichnis der geschützten Denkmäler oder dessen Entlassung aus dem Inventar», erklärt sie.

Zuständig für den Entscheid ist die Direktion des Innern und in gewissen Fällen der Regierungsrat. Jedoch: Bei weitem nicht jedes inventarisierte Objekt werde später unter Denkmalschutz gestellt, versichert Franziska Kaiser. Sie macht ein Beispiel: Das Inventar der Gemeinde Baar wurde 2015 aktualisiert. «Von diesem Zeitpunkt bis Ende 2018 wurden 31 Objekte wieder aus dem Inventar entlassen und 6 unter Schutz gestellt», weiss die Denkmalpflegerin. Drei dieser sechs Unterschutzstellungen seien auf Antrag des Eigentümers vorgenommen worden.

Franziska Kaiser fasst zusammen, dass es sich bei «schützenswert» und «geschützt» um unterschiedliche Rechtsstati handle. «Inhaltlich sind beides Denkmäler. Bei der denkmalpflegerischen Beurteilung möglicher Veränderungen gibt es hier also keine Unterschiede. Bei der Unterschutzstellung wird dann der Schutzumfang rechtlich verbindlich bestimmt», präzisiert sie.

Ein Vertrag zwischen Eigentümer und Kanton

Gesetzt den Fall, dass das revidierte Denkmalschutzgesetz angenommen wird, wird sich an dieser rechtlichen Unterscheidung nichts ändern. Allerdings werden die Anforderungen an eine Unterschutzstellung erhöht. Es soll auch auf die Denkmalkommission verzichtet werden. Sie spielt bei der Auswahl der ins Inventar kommenden Objekte eine Rolle. Denn sie prüft heute die Vorschläge des Amtes für Denkmalpflege und Archäologie, welches vorgängig die Standortgemeinde anhört, und stellt danach die Anträge an die Direktion des Innern.

«Mit dem neuen Gesetz wird die Eigentümerschaft bereits bei der Inventarisierung involviert. Sie gibt dann eine Stellungnahme ab», sagt Kaiser. Nach gegenwärtiger Gesetzeslage werden die Eigentümer erst bei der Unterschutzstellung angehört. Neu soll zudem ein Vertrag zwischen Eigentümern und Kanton für Klarheit sorgen. Über die Unterschutzstellung soll immer dann der Gesamtregierungsrat entscheiden, wenn eine Partei nicht einverstanden ist. Als Beschwerdeinstanz gilt das Verwaltungsgericht.

Überarbeitung des Gesetzes alle 15 Jahre

Doch nicht alles würde nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes ändern. So bliebe wohl das aktualisierte Inventar erhalten, vermutet Franziska Kaiser und erklärt: «Da es sich um eine Schutzvermutung handelt, macht es auch keinen Sinn, ein neues zu erstellen. Ob ein Objekt die veränderten Kriterien erfüllt, kann erst im Unterschutzstellungsverfahren abschliessend geklärt werden.» Im neuen Gesetz ist weiter vermerkt, dass im Hinblick auf Ortsplanungsrevisionen (alle 15 Jahre) das Inventar überarbeitet werden soll. Es könnte allerdings sein, dass viele Eigentümer die Schutzwürdigkeit ihrer Objekte nach dem neuen Gesetz prüfen lassen wollen, um allenfalls aus dem Inventar entlassen zu werden. Dies könnte für das Amt eine Flut an Gesuchen bedeuten.

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