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Luzern

Wie zwei preisgekrönte Schwinger die Bevölkerung empörten

Ein Luzerner Kunstwerk offenbart die Weltsicht des Künstlers, aber auch die der Bevölkerung. Was heute kaum mehr jemanden kümmert, war vor hundert Jahren skandalös.
Die Skulptur von Hugo Siegwart auf dem Inseli in Luzern.  (Bild: Patrick Hürlimann
(Luzern, 17. August 2020))
Der Bildhauer Hugo Siegwart (1865-1938) in seinem Atelier. (Bild: Stadt Luzern, F2a/Porträt/Einzeln/1058; Emil Synnberg, ohne Jahresangabe.)
Zuerst wurden «Die Schwinger» am Kurplatz aufgestellt. (Bild: Stadt Luzern,F2a/Kunstgegenstände; Fotograf unbekannt; 1909)

Pablo Mathis

Eigentlich hätten die Luzerner stolz sein können: 1905 wurde die Skulptur «Die Schwinger» an der neunten internationalen Kunstausstellung in München mit einer kleinen Goldmedaille prämiert. Sie zeigt zwei Schwinger in Aktion. Die Figur des aus Malters stammenden Bildhauers Hugo Siegwart traf in der damaligen Kunstwelt auf Begeisterung. Vor diesem Hintergrund wollte der Präsident des Verschönerungsvereines Luzern, L.F. Meyer, die Schwinger zurück in die Heimat nach Luzern holen. Am 14. Mai 1908 erteilte der Luzerner Stadtrat die Erlaubnis zur Aufstellung der Skulptur auf dem Kurplatz.

Doch die sonst so schwingbegeisterten Innerschweizer waren alles andere als erfreut. Besonders in konservativen Kreisen sorgte die Nacktheit der Sportler für Empörung. In einer Petition äusserten 2492 Luzerner «die ernstliche und wohlbegründete Befürchtung, dass die Aufstellung dieses Denkmals eine Schädigung für die sittliche Erziehung der Jugend bedeutet». Anstelle des Kurplatzes wäre ein Museum der richtige Ausstellungsort.

Aller Bemühungen zum Trotz wurde die Petition zu spät eingereicht und so kam es, dass «Die Schwinger» am 30. Januar 1909 unter Aufsicht der Polizei zur Besichtigung freigegeben wurden. Erst als sich die Wogen glätteten, wurde das Kunstwerk am 1. Mai 1909 der Stadt Luzern übergeben. Auf eine feierliche Übergabe wurde derweil verzichtet.

Die Zeiten ändern sich

Waren so manchem anfangs «Die Schwinger» ein Dorn im Auge, so stand die Skulptur bei den Luzernern später in einem deutlich besseren Licht.
Als die Skulptur in den 1950er-Jahren von grossen Bäumen verdeckt zu werden drohte, setzten sich die Bürger für eine Verlegung der Figur ein. Ein Gesuch an den Stadtrat forderte die Verlegung vor das Kunstmuseum, in den Garten beim Bahnhofplatz oder zum Inseli. So sollte die Statue wieder besser zur Geltung kommen.

1958 kam die Stadt dem Gesuch nach und verlegte die einst skandalöse Statue auf das Inseli: Dort steht das einzige Schwinger-Denkmal der Schweiz bis heute.

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