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Zuger Obergericht

Wie in einem Verfahren aus einer gebräuchlichen Wolldecke eine ganz flauschige wird

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich Beschuldigte vor Gericht ins beste Licht rücken wollen.

Tätlichkeiten, Beschimpfung, Drohung und Widerhandlung gegen das Waffengesetz. Das wurde einem heute 32-jährigen Mann in einem Strafbefehl der Zuger Staatsanwaltschaft vorgeworfen. In einigen Anklagepunkten wurde er damals frei-, in anderen schuldig gesprochen.

Der Beschuldigte hat Munition besessen, ohne im Besitz einer Bewilligung dafür gewesen zu sein.
Bild: Symbolbild: Urs Jaudas

Bestraft wurde der Mann mit einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu 30 Franken. Der Mann, der bereits wegen ähnlicher Delikte verurteilt worden war, hat Glück gehabt. Die Strafe für frühere Delikte wurde bedingt ausgesprochen, die Zuger Staatsanwaltschaft verzichtete auf den Widerruf der bedingten Strafe. Sie erhöhte stattdessen die Probezeit um ein weiteres Jahr und verwarnte den Beschuldigten.

Gegen die im Strafbefehl erfolgten Schuldsprüche sowie den Einzug verschiedener Gegenstände aus dem Besitz des Beschuldigten, erklärte dessen Anwalt Berufung. Die Staatsanwaltschaft erhob Anschlussberufung.

Mitbewohner bedroht und geschlagen

Vorgeworfen wird dem Mann, er haben seinen Mitbewohner tätlich angegriffen, bedroht und diesen in Angst und Schrecken versetzt sowie Munition, Messer und einen Morgenstern teilweise ohne Bewilligung besessen haben.

Der Mitbewohner des Beschuldigten sagte aus, es seien bereits vor den Tätlichkeiten Spannungen spürbar gewesen. Der Ton seines Mitbewohners sei zuweilen brutal aggressiv gewesen. Unter anderem sei ihm vom Beschuldigten gedroht worden, er werde ihm den Kopf abschlagen. Der Beschuldigte störte sich vor allem an der Unordnung in der Küche sowie daran, dass sein Mitbewohner sich öfters an Esswaren aus dem Kühlschrank bediente, die der Beschuldigte für sich eingekauft hatte.

Dies gipfelte darin, dass der Beschuldigte seinen Mitbewohner in den Schwitzkasten genommen und dann mit einer Wolldecke auf ihn eingeschlagen habe – wobei er dies eher als kindliche Trotzreaktion abtat. Erst mit den Todesdrohungen habe er es mit der Angst zu tun bekommen.

Angst, weil der Beschuldigte Waffen sammelte, darunter einen Morgenstern, eine Machete und verschiedene Messer und zudem Drogen konsumierte.

Nur ein symbolischer Vorgang

Der Beschuldigte stellt den Sachverhalt etwas anders dar. Er habe den Mitbewohner nie in den Schwitzkasten genommen, sondern nur aufs Sofa gedrückt. Mit einem Badetuch, aus dem später eine Wolldecke wurde, habe er ihn zwar geschlagen, es habe sich aber dabei um eine «feine Wolldecke aus Plüsch» gehandelt, steht im Urteil des Obergerichts. Der Vorgang sei eigentlich mehr symbolisch gewesen.

In weiteren Einvernahmen wurde aus dem Schwitzkasten ein leichtes Schubsen und schliesslich ein kurzes Tippen an die Brust seines Mitbewohners. Und aus den Schlägen mit einer Wolldecke wurde erst ein leichtes Wischen über das Gesicht, dann ein Werfen einer Plüschwolldecke, «die leichter als ein Plüschtier» sei, und dann schliesslich ein leichtes Schlagen mit einer ganz flauschigen Wolldecke.

Entlastungszeuge sass im Gefängnis

Der Beschuldigte präsentierte einen Entlastungszeugen, der bestätigen könne, dass der 32-Jährige zur Tatzeit nicht am Tatort gewesen sei. Nur: Der Zeuge sass zum fraglichen Zeitpunkt in einer Strafanstalt. Der Beschuldigte wurde von einem Psychiater untersucht. Dieser stellte fest, dass der Beschuldigte neben «nicht krankheitsrelevanten narzisstischen Wesenszügen» schwerst abhängig sei von Benzodiazepinen, Opioiden und zum Tatzeitpunkt an drogenbedingten psychischen Problemen litt.

Das Gericht glaubte den Versuchen des Beschuldigten, sich in ein besseres Licht zu rücken, nicht. Auch aufgrund der einschlägigen Vorstrafen sowie der durch den Drogenmissbrauch nur mittelgradig beeinträchtigten Steuerungsfähigkeit seines Verhaltens.

Das Zuger Obergericht hiess die Berufung des Beschuldigten sowie die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft teilweise gut. Es sprach den Beschuldigten vom Vorwurf der vorsätzlichen Widerhandlung gegen das Waffengesetz frei. Schuldig gesprochen wurde er wegen Tätlichkeiten, mehrfacher Beschimpfung, der versuchten Drohung sowie der Drohung.

Das Gericht widerruft einen früher bedingt ausgesprochenen Vollzug einer Geldstrafe. Der Beschuldigte wird nun unter Einbezug der widerrufenen Strafe mit einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu 30 Franken als Gesamtstrafe belegt. Dies unter Anrechnung der Untersuchungshaft und anderer freiheitsbeschränkender Massnahmen von insgesamt 60 Tagen.

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