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Nidwalden

Wie die Natur beim Steinbruch in Kehrsiten langsam zurückkehrt

Gämsen, Siebenschläfer, Feuersalamander. Die abgebauten Flächen des Steinbruchs Zingel bieten Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.
Wo es heute grün ist, wurde einst Gestein abgebaut. (Bild: Florian Pfister (Kehrsiten, 25. November 2021))
Beat Haller, ökologischer Begleiter des Steinbruchs, erzählt von der Artenvielfalt, die entsteht.  (Bild: Florian Pfister (Kehrsiten, 25. November 2021))
Urs Meyer-Dotta (Stiftung Natur & Wirtschaft, rechts) übergibt die Auszeichnung dem Werksleiter Simon Arnold. (Bild: Florian Pfister (Kehrsiten, 25. November 2021))

Florian Pfister

Florian Pfister

Florian Pfister

200 Meter über dem Pegel des Vierwaldstättersees: Hier oberhalb von Kehrsiten führt neben einem Wanderweg lediglich eine steile und steinige Strasse hinauf. Benutzt wird sie von der Firma Holcim, die dort jährlich rund 75'000 Kubikmeter Gestein abbaut und verarbeitet. Doch hier oben, wo der Abbau bereits vor ein paar Jahren zu Ende ging, ist kaum noch etwas zu sehen von den Sprengungen, Bohrungen und Baggern. Lediglich der Lärm der Arbeiten weiter unten ist zu hören, der Steinbruch weiter unten zu sehen. Der karge Fels hat sich eine grüne Fläche verwandelt. Die Stiftung Natur & Wirtschaft hat das Werksgelände daher zum zweiten Mal in Folge für seine naturnahe Gestaltung zertifiziert. Dazu lud die Firma Holcim eine kleine Anzahl Gäste dazu ein, die Naturareale zu besichtigen.

Im oberen Teil des Steinbruchs Zingel werden mit jeder abgeschlossenen Abbauetappe die Flächen zu einer artenreichen Landschaft umgestaltet. Vor drei Jahren wurde der Hang mit einer Mischung aus Humus und Fels wieder begrünt und Kastanienbäume gepflanzt. Noch brauchen sie einige Jahre, bis sie ihre Grösse erreicht haben. Die bewachsenen Böschungen bieten zahlreichen heimischen Tier- und Pflanzenarten einen vielfältigen Lebensraum. Teilweise ragt die Felswand noch aus dem Grün hervor. Ein bewusster Entscheid für das Landschaftsbild. Arbeiter müssen sich aufgrund des steilen Gebiets an Seile hängen, um das Areal zu bepflanzen oder es von Unkraut zu befreien. «Der Aufwand ist beträchtlich, aber er lohnt sich, denn in den Böschungen entsteht so ein vielfältiger Lebensraum», sagte Werksleiter Simon Arnold.

Auch umgekippte Bäume erfüllen ihren Zweck

Die Pflege der Natur beginnt schon oberhalb des Steinbruchgebiets. Dort liegt eine steile Wiese. Sie misst rund drei Hektaren. Es handelt sich um eine Magerwiese, das heisst, sie liefert wenig Futter, ist aber sehr artenreich. Sie wird nicht gedüngt. Geschnitten wird erst dann, wenn es der Zustand der Pflanzen erlaubt. «Je mehr Pflanzenarten, desto mehr Insekten finden hier ihren Lebensraum», sagte Beat Haller, ökologischer Begleiter des Steinbruchs. Da die Wiese nicht für Nutztiere angedacht ist, können selbst noch zwei umgekippte Apfelbäume Früchte liefern. Sie sind weiterhin verwurzelt und stören die Umgebung nicht.

Vereinzelt werden hier Kleinsäugetiere wie der Siebenschläfer gesichtet. Auch Gämsen scheinen sich trotz des Baulärms merklich wohlzufühlen. Beat Haller nannte den Grund dafür im frischesten Gras in der Gegend. Renato Hauser, Leiter Rohstoffsicherung und Innovation Zentralschweiz bei Holcim, ergänzte: «Wir bezeichnen die Gämsen als Haustiere. Sie gehören hierher.» Im unteren Teil des Steinbruchs liessen sich häufig Erdkröten, Grasfrösche oder Feuersalamander entdecken. Zudem fühle sich die seltene Felsenschwalbe in den ehemaligen Abbauwänden des Steinbruchs wohl.

Ein Hotspot für die Artenvielfalt

Urs Meyer-Dotta überreichte für die Stiftung Natur & Wirtschaft die Auszeichnung an Werksleiter Simon Arnold. Die Stiftung fördert die naturnahe Planung und Gestaltung von Firmenarealen, Wohnsiedlungen, Schulanlagen, Kiesabbaustellen und Privatgärten. Sie zeichnet vorbildliche Areale mit einem national anerkannten Label aus. Über 550 Firmen sind bereits zertifiziert worden. Firmen erhalten im Normalfall eine solche Auszeichnung, wenn mindestens 30 Prozent des Firmengeländes naturnah gestaltet sind. Bei Steinbrüchen und Kieswerken ist diese Bedingung schnell erfüllt. Das Werksgelände in Kehrsiten umfasst heute rund 200'000 Quadratmeter, davon sind rund 130'000 Quadratmeter naturnah. Deshalb müssen diese Firmen zusätzlich eine ökologische Begleitgruppe einstellen und die Naturgestaltung muss eine gewisse Qualität aufweisen. Urs Meyer-Dotta ist überzeugt: «Der Steinbruch Zingel hat das Potenzial, zu einem Hotspot auf dem Bürgenstock zu werden, was die Artenvielfalt anbelangt.»

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