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Luzern

«Wenn sich die Sprache ändert, zieht die Gesellschaft nach»: Debatte über Frauen in den Medien

Frauen sollen in Medienbeiträgen nicht nur «mitgemeint» sein. Und sie sollen auch häufiger als Expertinnen zu Wort kommen. Doch bis zu diesem Ziel ist es noch ein weiter Weg, wie eine Podiumsdiskussion in Luzern zeigte.
Sophie Mützel ist Soziologieprofessorin an der Universität Luzern.  (Bild: Boris Bürgisser (19. Oktober 2018))
Jolanda Spiess-Hegglin ist Gründerin des Vereins NetzCourage (Bild: Keystone)
Seit 2011 leitet Lis Borner die Chefredaktion in der Abteilung Audio SRG. (Bild: 
Ruben Wyttenach/SRF (13. April 2021)
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Martina Fehr ist seit 2020 MAZ-Direktorin. (Bild: Reto Camenisch)

Kathrin Brunner Artho

Kathrin Brunner Artho

Kathrin Brunner Artho

Kathrin Brunner Artho

Wie werden Frauen in den Medien dargestellt? Wie agieren sie als Medienschaffende? Solche Fragen waren Thema einer Podiumsdiskussion am Montag in Luzern. Diese lockte rund 50 Zuhörerinnen in den Marianischen Saal. Organisiert wurde der Anlass unter dem Dach des Vereins 50 Jahre Frauenstimmrecht von Sylvia Egli von Matt und alt Regierungsrätin Yvonne Schärli. Die Moderation führte die Journalistin Marguerite Meyer.

Die Luzerner Soziologieprofessorin Sophie Mützel sprach unter anderem über Hass im Internet, speziell gegenüber Journalistinnen:

«Auch Männer erleben Hass im Netz, jedoch erleben Frauen diese Attacken als chronisch und intensiver.»

Dies konnte Jolanda Spiess-Hegglin nur bestätigen. Aufgrund eigener Erfahrungen mit Internethetze gründete die frühere Zuger Politikerin 2016 den Verein NetzCourage. Dieser bietet Betroffenen - meistens Frauen - Hilfe an. «Wir müssen gemeinsam gegen die Attacken im Netz vorgehen», sagte sie und fügte an:

«Wer allein steht, schafft es meistens nicht, gegen diese Angriffe vorzugehen.»

Daher sei es umso wichtiger, eine Organisation zu haben, die einem den Rücken stärkt, sagt Spiess-Hegglin und betont: «Auch Männer sollen Frauen unterstützen.»

Die Wichtigkeit der Männerrolle wurde auch im Zusammenhang mit der Sprache thematisiert. Im Zentrum der Debatte steht hier das «generische Maskulinum». Damit wird die männliche Form bezeichnet, in der Frauen automatisch mitgemeint sind (z. B. «die Mitarbeiter»). Die Bestrebungen, das generische Maskulinum zu vermeiden, sind vielfältig. Die Luzerner Zeitung versucht nach Möglichkeit die männliche und weibliche Form oder dann neutrale Formulierungen zu verwenden.

Lis Borner sagte dazu:

«Wenn sich die Sprache ändert, zieht die Gesellschaft nach.»

Als 2011 das Schweizer Radio und Fernsehen zur SRG fusionierte, übernahm Borner die Chefredaktion der Abteilung Radio. Die SRG sei heute bestrebt, das generische Maskulinum auszulassen und auch weibliche Formen zu verwenden. Auch der Genderstern – im Radio durch eine kurze Pause innerhalb des Worts symbolisiert – kommt zur Anwendung.

Mehr Expertinnen sind gefragt – aber wo findet man sie?

Die Sprache ist das eine – doch auch in den medialen Inhalten sind Frauen oftmals untervertreten. Die SRG habe sich daher zum Ziel gesetzt, vermehrt Expertinnen in die Sendungen einzuladen, so Borner. Doch das ist leichter gesagt als getan. Denn in vielen Bereichen sei es nicht immer einfach, überhaupt Expertinnen zu finden. Gerade in Wirtschaft und Politik herrsche immer noch eine klare männliche Dominanz. Die SRG versucht, das von der britischen BBC lancierte Prinzip «50:50» umzusetzen. Damit soll eine 50-prozentige Vertretung von Frauen in den Medien erzielt werden. Der Fokus wird auf die Ausgewogenheit bei Interviewten, Gästen und Fachleuten gelegt.

Auch unter Studierenden sind solche Fragen ein grosses Thema.

«Wir haben Studenten, die sich für die Abschaffung des generischen Maskulinums eingesetzt haben»,

sagte Martina Fehr, Direktorin der Schweizer Journalistenschule MAZ in Luzern.

Besonders kontrovers diskutiert wird seit einiger Zeit die Frage, wie man Menschen sprachlich begegnen soll, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen. Der Doppelpunkt (Mitarbeiter:innen) und der Genderstern (Journalisten*innen) sind ein Versuch, dieses Dilemma zu lösen. Lis Borner sagt, sie verstehe zwar das Anliegen, dass möglichst alle wahrgenommen werden wollen.

«Wenn wir aber darauf warten, eine Form zu finden, bei der sich alle angesprochen fühlen, dann passiert gar nichts.»

Die Sprache sei nie vollständig, aber man könne zumindest Schritte in die richtige Richtung machen.

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