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Luzern

Was Eminem mit dem Blue Balls zu tun hat

Das Blue Balls 2018 ist Geschichte. Wir haben viele gute Konzerte gehört und uns die Nächte um die Ohren geschlagen. Das Festival ist dabei – einmal mehr – seiner Linie treu geblieben.
Hurts am Samstag, 28. Juli 2018 beim Blue Balls Festival im Luzernersaal des KKL Luzern. (Bild: Philipp Schmidli/Freier Mitarbeiter)

Michael Graber

Das war’s. Mit dem Konzert von Hurts im Luzerner Saal ging am Samstag das Blue Balls 2018 zu Ende. Ums Seebecken und im Hotel Schweizerhof dauerte die Nacht noch etwas länger. Was bleibt von dieser Ausgabe? Viele gute Konzerte (etwa Züri West, Alanis Morissette und Black Rebel Motorcycle Club), einige wenige Enttäuschungen (etwa Tom Odell) und natürlich die Hitze.

Bestes Wetter lockte zahlreiche Leute an das Festival – in der grossen Mehrheit vor dem Pavillon, dem «Schweizerhof» und den Bühnen beim KKL. Auch da bot das Blue Balls ein reichhaltiges Programm, gerade auf den kleinen Bühnen sind da durchaus noch Entdeckungen möglich – uns bleibt etwa Xam Volo in bester Erinnerung.

Grosse Spannbreite beim Zuschaueraufmarsch

Offizielle Zahlen gibt das Festival erst heute bekannt. Wobei auch diese meist nur bedingt aussagekräftig sind: Am Seebecken dürften es wieder rund 100000 Besucher gewesen sein, über ­Auslastungszahlen für die KKL-Konzerte schweigt man sich beim Blue Balls erfahrungsgemäss aus. Eigene Beobachtungen zeigen, dass es erneut eine sehr grosse Spannbreite von mässig besuchten Gigs (etwa Anna Ternheim und Black Rebel Motorcycle Club) bis zu ausverkauften Shows gegeben hat (Alanis Morissette und Jessie J.).

Vielleicht ist darum auch eine andere Zahl interessant, die diesen Festival-Sommer zu reden gab: 1,3 Millionen Franken. Das soll die Gage von Eminem am Open Air Frauenfeld gewesen sein. Diese Zahl zeigt recht eindrücklich auf, wohin die Eskalationsspirale im Festivalmarkt bereits gedreht hat. Jene 1,3 Millionen Franken dürften – das ist einfach mal frech geschätzt – dem Gagenbudget des gesamten Blue Balls entsprechen. Das Open Air Frauenfeld, mittlerweile der grösste Player im Schweizer Markt, bezahlt für 90 Minuten Musik auf einer Bühne gleich viel wie das Blue Balls für neun Tage auf mehreren Bühnen.

Natürlich: Eminem wäre etwa fünf Schuhnummern zu gross für Luzern (damit man ein KKL-Konzert von ihm rentabel machen könnte, müsste ein Ticket um die 800 Franken kosten), aber die Tendenz erlebt man im über­hitzten Schweizer Festival-Markt schon länger. Immer mehr Festivals jagen die mittelgrossen Stars (die Grossen sind schon gar nicht finanzierbar) und überbieten sich dabei gegenseitig.

In diesem Jahr scheint der Festivalmotor erstmals ins Stocken geraten zu sein: Viele Open Airs, darunter auch die grossen, Gurten und St. Gallen, waren nicht ausverkauft. Das Publikum scheint genug zu haben von ständigen Preiserhöhungen und sich sehr ähnelnden Line-ups.

Nicht gefüllt, sondern gezielt programmiert

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es in nächster Zeit eine Marktbereinigung geben wird. Schwierig werden dürfte es vor allem für all jene Allerweltsfestivals, die keine eigene Linie und Identität haben. Das ist aus Luzerner Sicht beruhigend: Das Blue Balls hat seine Linie und Identität. Schon seit mehreren Jahren setzt das Festival (sicherlich auch aus monetären Gründen) nicht mehr auf die grossen Namen, sondern auf Newcomer (ergänzt durch bekanntere Künstler). Auch zählt der musikalische Anspruch tatsächlich noch etwas – das erlebt man gerade auf den kleinen Bühnen, die nicht einfach gefüllt, sondern auch gezielt programmiert werden.

Trotzdem: Ausruhen darauf dürfen sich weder Festivaldirektor Urs Leierer noch die Luzerner. Wir waren etwas schockiert, als wir bei einem Spaziergang am Quai verkaufte Festival-Pins gezählt haben: Es waren wenige. Man muss schon etwas aufpassen, selbstverständlich ist auch das Blue Balls nicht.

Hinweis

Das Blue Balls 2019 findet vom 19. bis 27. Juli statt.

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