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Luzern

Vorwurf der Tierquälerei: Beschwerde des Luzerner Springreiters Paul Estermann wird teilweise gutgeheissen

Vom Kantonsgericht wurde der international bekannte Springreiter der mehrfachen Tierquälerei schuldig gesprochen. Das Bundesgericht hebt das Urteil nun wegen eines formellen Fehlers auf. Aus dem Schneider ist Paul Estermann deswegen trotzdem nicht.
Paul Estermann ist ehemaliges Kadermitglied der Schweizer Springreiter. (Bild: Ennio Leanza / Keystone (St.Gallen, 4. Juni 2017))

Julian Spörri

Seit bald fünf Jahren beschäftigt der Fall des Luzerner Springreiters Paul Estermann die Justiz. Ihm wird vorgeworfen, in seinem Reitzentrum in Hildisrieden zwei Pferde mit der Peitsche misshandelt zu haben. Im Januar 2021 verurteilte das Luzerner Kantonsgericht den heute 58-Jährigen wegen mehrfacher vorsätzlicher Tierquälerei zu einer bedingten Geldstrafe von 105 Tagessätzen zu je 160 Franken. Gegen den Entscheid reichte der international bekannte Springreiter Beschwerde beim Bundesgericht ein.

Wer dachte, das höchste Schweizer Gericht würde einen Schlussstrich unter die Causa Estermann ziehen, irrte sich. Denn die zwei Richterinnen und der Richter aus Lausanne heissen die Beschwerde teilweise gut, heben das Urteil des Kantonsgerichts auf und weisen den Fall zur neuen Beurteilung an dieses zurück.

Erfolg hat Estermann mit seiner Beschwerde in Bezug auf eines der beiden Pferde, um die es im Fall geht. Zur Erinnerung: Das Kantonsgericht verurteilte den Springreiter für insgesamt drei Vorfälle. Zwei davon betrafen das Pferd «Castlefield Eclipse». Das Kantonsgericht hielt es für erwiesen, dass Estermann am 28. April 2016 und rund eine Woche vorher übermässig gegen die Flanken und den Unterbauch des Tiers geschlagen habe. Ebenfalls wurde Estermann für einen Übergriff auf Wallach «Lord Pepsi» aus dem Herbst 2015 verurteilt.

Anklage genügt den Anforderungen nicht

Der Springreiter monierte in seiner Beschwerde, dass der Vorwurf in Bezug auf das Pferd «Lord Pepsi» in der Anklage der Staatsanwaltschaft zeitlich nicht klar eingegrenzt sei. Tatsächlich ist dem Strafbefehl lediglich zu entnehmen, dass sich der Vorfall «im Zeitraum von ca. April 2014 bis Oktober 2017» zugetragen haben soll. Die Präzisierungen eines Zeugen, der den Zeitpunkt auf «ein halbes Jahr vor April 2016» konkretisierte, flossen nicht in den Strafbefehl ein. Wegen der ungenauen Zeitangabe sei es ihm nicht möglich gewesen, zu beweisen, dass das Pferd zum relevanten Zeitpunkt keinerlei Verletzungen aufgewiesen habe, kritisierte Estermann.

Auch das Bundesgericht kommt nun in seinem Urteil zum Schluss, dass der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Vorfalls mit dem Pferd «Lord Pepsi» nicht den Anforderungen genüge. Die zur Anklage erhobenen Vorwürfe würden nicht den gesetzlich vorgesehenen Inhalt aufweisen, heisst es im Urteil. Laut Bundesgericht fehlen genaue Angaben zur Tatzeit, zum Tatort und zur Art der Tatausführung.

Beweiswürdigung der Vorinstanz wird gestützt

Was die formelle Unzulänglichkeit der Anklage für die Causa Estermann bedeutet, wird das Luzerner Kantonsgericht beurteilen müssen. Aufgrund des Bundesgerichtsentscheids dürfte jedoch klar sein, dass der Springreiter nicht straflos davon kommt. Denn das Gericht weist die Beschwerde in allen übrigen Punkten ab und stützt damit die Verurteilung hinsichtlich der Misshandlungen am Pferd «Castlefield Eclipse».

Estermann kritisierte beispielsweise vergebens, dass die Vorinstanz den Hufschmied nicht zur Situation befragt habe. Dies hätte nichts am Beweisergebnis ändern können, halten die zwei Richterinnen und der Richter fest.

Auch dass sich die Vorinstanz bei seinem Urteil «praktisch ausschliesslich» auf die Aussagen eines Pferdepflegers gestützt habe, wie Estermann kritisierte, verneint das Bundesgericht. Die Beobachtungen dieses Zeugen würden sich mit anderen Beweisen decken, wie etwa dem Bericht eines Tierarztes. Darin ist festgehalten, dass die festgestellten Verletzungen am Pferd «Castlefield Eclipse» auf «einen übermässigen Peitschen- und Sporeneinsatz» zurückzuführen sind. «Zusammenfassend setzt sich der Beschwerdeführer nicht hinreichend mit der gesamten Beweislage auseinander», stellt das Bundesgericht abschliessend klar.

Hinweis: Urteil 6B_576/2021

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