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Luzern

VBL-Subventionsstreit: Luzern drückt sich vor der politischen Aufarbeitung

Die politischen Verantwortlichen von Stadt und Kanton wurden bei der VBL-Affäre bisher mit Samthandschuhen angefasst. Dass es auch anders geht, zeigt der Kanton Bern.
Der VBL-Firmensitz an der Tribschenstrasse. (Bild: Pius Amrein (Luzern, 10. April 2021))

Simon Mathis

Der Subventionsstreit hat die Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) im Jahr 2020 gehörig durchgerüttelt. Verkehrsverbund Luzern (VVL) und Bundesamt für Verkehr (BAV) verlangen von dem Transportunternehmen 22 Millionen Franken zurück – sie werfen den VBL vor, mit einem Verrechnungstrick ungerechtfertigt Subventionsgelder eingenommen zu haben. Da die VBL diese Forderung anfechten, läuft nun ein Gerichtsverfahren. Zudem sind mehrere Anzeigen gegen die Verantwortlichen der Verkehrsbetriebe offen.

Mit dem Gang vors Gericht ist auch die Hoffnung verbunden, dass Gras über die Affäre wächst. VBL-Verwaltungsratspräsident Renzo Simoni drückte es im Mai so aus: «Sobald sich ein Gericht der Zahlungsaufforderung annimmt, wird das Ruhe ins operative Geschäft bringen. Die Dokumente werden in den Amtsstuben landen, und das Leben wird weitergehen.»

Aus operativer Sicht ist diese Haltung nachvollziehbar: Niemand kann ein Interesse daran haben, dass der öffentliche Verkehr an der Subventionsaffäre kränkelt. Betrachtet man hingegen die politische Aufarbeitung der Affäre, hinterlässt die Situation mittlerweile einen faden Nachgeschmack.

Das zeigt ein Vergleich mit dem Kanton Bern, wo die Bahngesellschaft BLS in eine vergleichbare Subventionsaffäre verwickelt ist. Dort hat die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Parlaments klare Worte für die Berner Regierung und Verwaltung gefunden: Die Aufsicht habe nicht richtig funktioniert, der Kanton als BLS-Mehrheitsaktionär habe «zu passiv» gehandelt. Dies steht in einem Bericht, der Mitte August veröffentlicht wurde.

Bezeichnend ist: Es ist die GPK selbst, welche diese Beurteilung abgibt – im Gegensatz zu Luzern, wo diese Aufgabe an Fachgutachter und Rechtsexperten delegiert wird. Zwei Untersuchungsberichte wurden zum Luzerner Subventionsstreit bisher geschrieben: das erste auf städtischer, der zweite auf kantonaler Ebene. Grob heruntergebrochen kommen beide Berichte zum Schluss, dass sich weder die Stadt als VBL-Alleineignerin noch der Kanton als mitverantwortliche Aufsichtsbehörde grobe Schnitzer erlaubt hätten.

In Bern die eiserne Hand, in Luzern die Samthandschuhe. Natürlich ist gut möglich, dass Stadt und Kanton Luzern tatsächlich korrekt gehandelt haben. Trotzdem vermitteln die beiden Berichte unterm Strich einen unergiebigen, fragmentarischen Eindruck. Die ganze Geschichte ist noch immer nicht erzählt. Offenbar hat auch keiner der möglichen Verantwortlichen ein Interesse daran, sie gross auszubreiten.

Mag sein, dass dereinst die Gerichtsurteile die ersehnte Klarheit schaffen. Das Problem: Das Pferd wurde bereits von hinten aufgezäumt. Denn was, wenn die Justiz tatsächlich feststellt, dass es zu Betrug und Urkundenfälschung gekommen ist – wie VVL und BAV insinuieren? Dann würde das Subventionsdebakel mit einem Schlag noch brisanter werden, als es ohnehin schon ist. Stadt sowie Kanton werden dann versuchen, sich aus der Affäre zu ziehen, indem sie «ihr» jeweiliges Gutachten aus der Schublade ziehen. Schon jetzt ducken sich alle weg, obwohl noch immer nicht klar ist, was genau passiert ist.

Fragen wirft auch auf, dass es der Stadtrat selbst war, der den städtischen Untersuchungsbericht in Auftrag gab. Zwar war an einer Vorbesprechung mit den Gutachtern auch die parlamentarische GPK anwesend, den Fragenkatalog gab aber laut Gutachten letztlich die Stadt vor. Das Parlament hätte hier unabhängiger agieren und das Heft selbst in die Hand nehmen müssen – wie es in Bern geschehen ist. Als Grossstadtrat rhetorische Pfeile auf den Stadtrat abzuschiessen, damit ist es noch nicht getan.

Wie immer gilt: Vorverurteilungen sind fehl am Platz. Trotzdem: Sobald rechtliche Klarheit besteht, sollten wir das Augenmerk erneut auch auf die politisch Verantwortlichen richten – sei es auf Ebene Stadt, Kanton oder Bund. Die Sache ist noch nicht ausgestanden. Sie darf nicht in Vergessenheit geraten und schon gar nicht der Gleichgültigkeit anheimfallen.

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