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Zug

Trotz weniger Teilnehmer an Gemeindeversammlung verzichtet der Kanton Zug auf eine Notverordnung

Mehrere Kantone – darunter Zürich, Luzern und Aargau – erlauben ihren Gemeinden vorübergehend, ihre Geschäfte an der Urne entscheiden zu lassen. Die Zuger Regierung sieht hierzu keinen Bedarf, obwohl in vielen Gemeinden nur noch halb so viele Stimmberechtigte an die Versammlungen kommen, wie in anderen Jahren.

Zoe Gwerder

Die Coronapandemie zeigt Auswirkungen auf die politischen Abläufe in den Gemeinden des Kantons Zug. Zwar dürfen Gemeindeversammlungen ohne vorgegebene Obergrenze an Personen durchgeführt werden. Doch in Zeiten wie diesen, in welchen die Obergrenze für Anlässe im Kanton Zug bei 50 Personen liegt, scheint die Lust an Gemeindeversammlungen teilzunehmen, zu schwinden. Dies zeigen die Zahlen jener Gemeinden, welche in diesem Jahr mindestens eine Gemeindeversammlung durchgeführt haben:

Risch verzeichnet den höchsten Rückgang mit 75 Prozent. Und auch in Steinhausen, Cham und Baar ist der Rückgang mit 58 Prozent, 43 und 35 Prozent markant. Dies, obwohl die Versammlungen im September und Oktober stattfanden, als Veranstaltungen von bis zu 1000 Personen und später gar unbegrenzt noch erlaubt waren.

Der markante Rückgang wirft die Frage auf, wie gut das Stimmvolk an einer solchen Versammlung noch vertreten wird. Zwar gibt die Gemeindeordnung des Kantons Zug vor, dass gewisse Geschäfte – wie das Budget oder die Jahresrechnung – an der Gemeindeversammlung genehmigt werden müssen. Einige Kantone haben diesbezüglich bereits Handlungsbedarf gesehen und ihre Gesetze für die Zeit während der Coronapandemie angepasst. In den Kantonen Luzern, Zürich, Bern, Aargau wie auch Graubünden können Gemeindeversammlungen während der Coronapandemie durch den Urnengang ersetzt werden – auch Geschäfte, welche unter normalen Umständen zwingend an der Gemeindeversammlung behandelt werden müssen. In Basel Land befindet sich ein entsprechendes Gesetz in der Vernehmlassung und soll Mitte Dezember im Parlament behandelt werden.

Luzerner Gemeinden nutzen die neue Möglichkeit

Und die Möglichkeit des Urnengangs wird auch genutzt – zumindest zeigen dies Zahlen aus dem Kanton Luzern, wie eine Umfrage unserer Zeitung Anfang November ergab. Dort haben über 60 Prozent der Gemeinden, die normalerweise eine Gemeindeversammlung durchführen, ihre Abstimmungen zum Budget an die Urnen verlagert.

Im Kanton Zug ist hingegen keine entsprechende Änderung in Aussicht. Im Gegenteil. Der Regierungsrat hat sich entschieden, auf eine entsprechende Notverordnung zu verzichten. Er sehe keine Gründe für eine solche. Wie der zuständige Regierungsrat Andreas Hostettler sagt, wird die Haltung der Regierung von den Gemeinden gestützt. «Würde man auf Urnenabstimmungen umschwenken, wären insbesondere die anstehenden und für die Gemeinden essenziellen Budgetbeschlüsse, die nun möglichst zeitnah getroffen werden müssen, in Gefahr. Ausserdem können an einer Gemeindeversammlung die Stimmberechtigten mitreden sowie Geschäfte mit Anträgen ändern und diese auch begründen. An der Urnenabstimmung bleibt nur ein Ja oder Nein.»

Für den Präsident der ALG Baar André Guntern ist der Entscheid nicht nachvollziehbar. Er gehört zu jenen, welche sich seit Jahren in der Gemeinde Baar dafür einsetzen, dass die politische Mitbestimmung breiter abgestützt wird – durch mehr Geschäfte an der Urne oder der Einführung eines Parlaments. Guntern hatte Anfang November die Abklärungen zu einer Notverordnung mit einem Schreiben an den Baarer Gemeinderat und den Regierungsrat angeregt. Er betont, dass es aus seiner Sicht demokratiepolitisch wichtig wäre, während der Coronapandemie vermehrt Geschäfte an die Urne zu bringen. Denn derzeit sei den einen wohl der Aufwand durch die Schutzkonzepte zu gross und andere hätten Angst vor einer Ansteckung. Guntern gibt zu Bedenken:

«Die Beteiligung war im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung in Baar schon immer sehr klein – mit der Coronapandemie kommen nun aber noch weniger.»

Doch auch die Gemeinde Baar sieht keinen Handlungsbedarf. Zwar hätte sie auch ohne Notverordnung heute bereits die Möglichkeit, Geschäfte, die nicht an die Versammlung müssen an die Urne zu bringen. Stattdessen entschied sie sich, ihre Herbstversammlung in diesem Jahr auf zwei Abende aufzuteilen, da es sonst zu viele Geschäfte auf einmal gewesen wären. «Uns ist es wichtig, dass der Dialog stattfinden kann. Das ist unser demokratisches Recht», sagt Gemeindepräsident Walter Lipp. Und so plant die Gemeinde Baar, auch im März die nächste Gemeindeversammlung durchzuführen – mit dem vollen Programm. In der Gemeinde Unterägeri wurde in diesen Tagen eine Interpellation eingereicht, die Antworten auf dieselbe Frage verlangt, wie sie in der Gemeinde Baar gestellt wurden.

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