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Obwalden

Tiefblauer See auf der Melchsee-Frutt für des Anglers Königsdisziplin

Auf seine drei Bergseen ist das Kernser Bergtourismus Gebiet besonders stolz. Der kleinste von ihnen heisst Blausee und gilt als Geheimtipp für Fliegenfischer, aber auch für Blumenfreunde und Tierbeobachter.
Der Blausee ist auch ein Paradies für Fischer. (Bild: Romano Cuonz (Melchsee-Frutt, 12. Juli 2018))
Gusti Berchtold (stehend) gibt Wanderern am Blausee gerne auch zum Fliegenfischen Auskunft. (Bild: Romano Cuonz (Melchsee-Frutt, 12.Juli 2018))
Eine Entenmutter mit ihren Jungen am Blausee. (Bild: Romano Cuonz (Melchsee-Frutt, 12. Juli 2018))

Romano Cuonz

Romano Cuonz

Romano Cuonz

Steil und zackig ragen Glogghuis und Hochstollen aus der Berglandschaft. Zu Füssen dieser Gipfel aber liegt – gut versteckt in einer Geländesenke – ein kleines, idyllisch ruhiges Bergseelein: das Blauseeli. Seinen Namen hat es erhalten, weil sich darin an sonnigen Tagen der Himmel besonders schön spiegelt. Nicht selten wird das Blauseeli sogar als «Perle» bezeichnet. Wanderer aber, die – auf dem Bergpfad, der übers Abgschütz zum Aelggi führt – an diesem Bergsee vorüber kommen, bleiben oft staunend stehen.

Auf grossen Steinblöcken im und am Wasser, oder auch im dichten Uferschilf, stehen Fischer. Aber nicht einfach gewöhnliche Angler mit «Zapfen» sind es. Angler am Blauseeli sind ständig aktiv. Sie bewegen die Spitze ihrer elastischen Ruten fliessend vorwärts und rückwärts. Den Bewegungen folgt eine spezielle Schnur, die durch die Luft zischt. Einmal, zweimal, dreimal bis der Angler sie am Schluss auf der Wasseroberfläche platziert. Mit grosser Kunst. Zielsicher und sachte. An der Spitze der Schnur ist weder ein Wurm noch eine Made oder ein Blinker befestigt. Da lockt eine wirklichkeitsgetreu imitierte künstliche Fliege. Wehe, ein Saibling, eine Regenbogenforelle oder Bachforelle lässt sich täuschen und schnappt danach ... Der berühmte Schriftsteller Ernest Hemingway hat das Fliegenfischen einmal als Königsdisziplin des Angelns bezeichnet. Erfunden haben dürften es aber schon die alten Ägypter oder Römer. Im Kanton Obwalden ist das Blauseeli das einzige Gewässer, das ganz und gar den Fliegenfischern vorbehalten ist. So können hier auch Wanderer diese alte Kunst noch bestaunen.

Wie Fische auf den Berg kamen

«Das Blauseeli wurde – genau wie der Melchsee oder Tannensee – am Ende der Eiszeit von einem Ausläufer des Titlisgletschers in der Moränenlandschaft zurückgelassen. Forellen oder andere Fische gab es auf gut 2000 Metern über Meer nicht», erzählt Gusti Berchtold einigen Feriengästen, die gerade am Blauseeli picknicken und gerne mehr erfahren möchten.

Berchtold ist der heutige Leiter der Bergseefischerei. Die Idee, dass in so sauberen Seen Forellen gedeihen müssten, habe der gelernte Förster, spätere Oberrichter und Hotelier Albert Reinhard vor rund hundert Jahren gehabt. Nach zahllosen missglückten Versuchen durfte der initiative Mann 1929 endlich jubeln. Kringel auf den Seen verrieten, dass die Forellen wohlauf waren.

Der Kanton verpflichtete beide damaligen Frutter Hotelbesitzer, den immer reicheren Forellenbestand zu warten und zu erhalten. Von jetzt an bereicherte «Forelle blau» das Menü im «oberen» und im «unteren» Frutt-Hotel. «Heute verkaufen wir auf Melchsee-Frutt pro Saison neben 3800 Tageskarten auch gegen hundert Saisonpatente», bilanziert Gusti Berchtold. Allerdings: Vermehren könnten sich Forellen in dieser Höhe nicht. Auch weil sie im Winter von einer oft mehrere Meter dicken Eisschicht bedeckt sind. So muss man Bergseefische aus Fischzuchten im Tal zukaufen. Im Blauseeli werden während der Saison jeden Donnerstagabend Hunderte Bachforellen, Saiblinge und Regenbogenforellen eingesetzt. «Fliegenfischer dürfen aber pro Tag nur drei fangen», sagt Berchtold. «So haben alle die Chance, mit einem feinen ‹Mählti› nach Hause zu kommen», schmunzelt er.

Meister Reineke als Fischdieb

Mittlerweile hat sich am Ufer des Blauseelis auch eine Familie mit Kindern niedergelassen. Vater und Mutter kommen aus dem Staunen über die intensive Pracht, die der Bergfrühling hier hervorbringt, nicht heraus: Ganze Büsche von rostroten Alpenrosen gibt es. Blau, blau blüht der Enzian. Auch Männertreu und Sumpfdotterblumen sieht man. Die Kinder interessieren sich für eine Entenmutter mit einem guten Dutzend Jungen. Sie verfüttern den Tieren Brotreste. Bald verlieren auch die kleinen ihre Scheu. Immer näher kommen sie.

Am meisten Tiergeschichten vom Blauseeli kann der frühere «Gemsy»-Wirt Fredy Lochmatter erzählen. «Letztes Jahr kamen immer wieder junge Bergfüchse bis hinunter zum Wasser», berichtet er. Einmal hätte er gar beobachtet, wie am heiterhellen Tag die Fuchsfähe den Hügel hinunter geschlichen sei. Direkt auf einen Fliegenfischer zu, der hinter sich einen Sack mit drei Forellen deponiert hatte! «Wir riefen dem Mann eins übers andere Mal zu», erzählt Lochmatter. «Wollten ihn warnen, doch vergeblich!» Als der Fischer dann doch endlich nach hinten schaute, hatte die Fuchsfähe den Sack schon gepackt und floh mit der Beute bergwärts zu ihrem Bau. «Den Forellenschmaus hatte an diesem Tag nicht der Fliegenfischer, sondern Familie Reineke», lacht Lochmatter.

In unserer Sommerserie stellen wir kleinere Seen in Obwalden vor, die zu verschiedensten Freizeitaktivitäten oder ganz einfach zum Verweilen und Geniessen einladen. Alle bereits erschienenen Beiträge finden Sie hier.

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