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Zug

Barbara Gysel: Breiter Horizont mit viel Tiefe

Für ihre zahlreichen Engagements tankt Barbara Gysel (41) Kraft und Energie in der freien Natur. Dabei hat sie stets ein waches Auge auf deren Komplexität. Dies pflegt die SP-Frau auch in ihrer Politik.
In der Natur wie hier an der renaturierten Lorze in Baar tankt SP-Politikerin Barbara Gysel Energie für ihren arbeitsreichen Alltag. (Bild: Maria Schmid (27. August 2018))

Andreas Faessler

Andreas Faessler

«Ein guter Zug», liest man auf dem Wahlplakat an der Fahrerkabine im Bus nach Baar. Daneben das freundlich lächelnde Gesicht von SP-Regierungsratskandidatin Barbara Gysel. Heute aber lässt sie die Politik mal für einen Moment ruhen und sucht Zerstreuung im Grünen. Bei der Haltestelle Paradies am Ausgang von Baar angekommen, spaziert sie der Lorze entlang ins Tobel, hinein in die Natur. An ihrer Seite Peter F.X. Hegglin. Einst jahrzehntelanger Landschaftsplaner im Amt für Raumplanung des Kantons Zug kennt er Natur und Topografie der Region wie kein anderer – die SP-Politikerin ist mit ihm seit Jahren über den Zuger WWF verbunden, den sie präsidiert. Mit ihm im angeregten Austausch bewegt sich die 41-Jährige in einem blühenden Umfeld, das ihr einen starken Ausgleich zum Arbeitsalltag gibt: Barbara Gysel hält sich am liebsten in der freien Natur auf – oft mit der Fotokamera oder auch mit ihrem Gottemeitli – und nimmt sie mit sämtlichen Sinnen wahr.

«Ich liebe das pulsierende Leben in der Stadt und gut gebaute Urbanität - und als Ausgleich die Natur.» Hier tankt Barbara Gysel Kraft und Energie für ihre vielen Engagements und Ämter, die sie nicht nur als Berufsmensch und Politikerin – sie ist seit 10 Jahren im Kantonsrat und seit 2014 im Grossen Gemeinderat –, sondern auch als Privatperson in diversen Organisationen und Vereinen in den Bereichen Menschenrechte, Bildung, Kultur, Gleichstellung und vor allem Tier- und Naturschutz wahrnimmt.

Durch Austausch dazu lernen

«Es ist ein grosser Vorteil hier bei uns im Kanton Zug: In Kürze ist man von der Zivilisation mitten im Grünen. Für eine Person wie mich, die generell viel arbeitet, ist das ideal», so Gysel. Und es ist etwas, das den Kanton auszeichnet und zu seiner sehr hohen Lebensqualität beiträgt, betont sie weiter. „Es ist wichtig, dass wir zu diesem schönen Fleck Erde wie auch zur Welt Sorge tragen – und zwar langfristig.»

Barbara Gysel hat einen scharfen Blick fürs Detail. «Schauen Sie, hier wächst Majoran.» Jeder Laie hätte das wohlriechende Kraut im dichten Grün am renaturierten Lorzenlauf übersehen. Die Stadtzugerin legt grossen Wert darauf, nicht nur das auf den ersten Blick Sichtbare in der Natur oberflächlich zu betrachten, sondern ausgehend von den Details deren Gesamtheit zu erfassen – einen breiten Horizont haben, aber mit viel Tiefe, bringt sie es auf den Punkt. Durch das vernetzte Denken sucht sie auch die Zusammenhänge in der Natur, um sie zu begreifen und ihre Vorgänge zu verstehen. Genau so geht sie es auch in der Politik an, wie sie sagt. «Und durch regen Austausch lernt man dazu.» Damit meint Barbara Gysel nicht nur ihren erbaulichen Spaziergang mit Peter F.X. Hegglin durch die Natur, sondern genauso den für sie als Teamplayerin wertvollen parteiübergreifenden Diskurs beim Politisieren. «So wie die Natur eine unglaubliche Vielfalt bietet, so soll es sich auch in der Politik verhalten. Wirken verschiedene kompetente Kräfte gemeinsam mit, erreicht man eine grosse Vielfalt. Einen Einheitsbrei braucht niemand», sagt Barbara Gysel.

Für mehr Frauen in der Zuger Politik

Mit den «verschiedenen Kräften» meint sie nicht nur das möglichst ausgeglichene Mitwirken der Parteien, sondern auch einen höheren Frauenanteil in der Zuger Politik, als dies derzeit der Fall ist. «Die Frauen sind deutlich untervertreten. Warum eigentlich? Schliesslich macht der Frauenanteil der Gesamtbevölkerung über 50 Prozent aus, und an kompetenten Personen mangelt es ja nicht», gibt die Politikerin zu bedenken.

Sehr gerne würde sie mit der zweiten kandidierenden Frau, Silvia Thalmann-Gut (CVP), im Regierungsrat zusammenarbeiten. Ein Dilemma bestehe dann allerdings darin, dass mit Thalmanns Eintritt in den Regierungsrat einerseits die CVP je nachdem mit drei Sitzen «ganz klar übervertreten» sei, so Gysel. Andererseits wäre es nicht gut, wenn bisherige, bewährte CVP-Politiker abgewählt würden. Eine Prognose zu wagen, wie die Wahlchancen für alle Kandidierenden stehen, sei auch angesichts dessen, dass das Majorzverfahren nun erst zum zweiten Mal angewendet werde, sehr schwierig. «Zudem kommt es selten genug vor, dass es gleich drei Rücktritte gibt, da will ich also nicht zu sehr orakeln», meint Barbara Gysel. Die SP-Politikerin ist hauptberuflich als Mitglied der Geschäftsleitung der Stiftung Kinderschutz Schweiz tätig, hinzu kommen die weiter oben erwähnten zahlreichen weiteren Verantwortlichkeiten, ausserdem doktoriert sie derzeit im Managementbereich. «Mein vielseitiges Engagement in Beruf, Gesellschaft und Politik ist Teil meiner Identität», sagt Barbara Gysel. Aus diesem wertvollen Erfahrungsschatz würde sie als Regierungsrätin schöpfen, weitere Verantwortung für den Kanton übernehmen und Akzente für eine wirtschaftlich und sozial nachhaltige Politik setzen können, ist sie überzeugt.

«Es braucht die Linke»

Führungserfahrung hat Gysel bereits in den letzten zwanzig Jahren beim Bund, in der Wirtschaft und bei NGOs – etwa zur Arbeitsintegration – gesammelt. Nicht zuletzt wäre mit Barbara Gysel die SP nach zwölf Jahren «endlich» wieder im Regierungsrat vertreten. «Es braucht die Linke unbedingt in der Exekutive.» Unausgeglichenheit schwäche die Stabilität, bringt sie es im Sinne des «Diversity Management» auf den Punkt.

Bei der Höllgrotte entdeckt Barbara Gysel einen Sommerflieder. «Diese Pflanze leistet einen wichtigen Beitrag für die Diversität in der Natur: Rund 30 Schmetterlingsarten zieht sie an.» Ein einzelnes Gewächs wie dieser Sommerflieder mitten in der ungeheuren Vielfalt der Natur könne so viel bewirken. «Und genau mit demselben Prinzip will ich Politik machen», sagt Barbara Gysel schmunzelnd.

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