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Luzern

Freiwilligen-Aufruf des Kantons Luzern: SP wittert Lohndumping, Gesundheitsdirektor Graf kontert

Der Kanton Luzern suche zur Unterstützung in der aktuellen Situation qualifizierte Fachpersonen, biete aber nur einen Niedriglohn, moniert die SP Kanton Luzern.  Gesundheitsdirektor Guido Graf weist die Vorwürfe zurück. Die Bevölkerung wolle helfen.
Die Freiwilligen sollen unter andrem für die Luzerner Drive-In Testzentren eingesetzt werden, hier im Bild jenes auf der Allmend bei der Messe.

(Bild: Nadia Schärli (Luzern, 25. März 2020))

(spe/dlw) Der Kanton sucht auf seiner Webseite Freiwillige zur Bewältigung der Coronakrise. Diese sollen über eine medizinische Grundausbildung verfügen. Nun hagelt es dafür Kritik von der SP Kanton Luzern: Der Kanton suche qualifizierte Fachkräfte, die sich zu einem Niedriglohn engagieren sollten. Auf der Website des Kantons ist zu entnehmen: «Die finanzielle Entschädigung und weitere Details zum Arbeitsverhältnis werden direkt mit den Institutionen besprochen, für welche die Einsätze geleistet werden».

Es gehe bei den Tätigkeiten nicht um Nachbarschaftshilfe, sondern um Mithilfe in Drive-In Testzentren, in der Pflege in Alters- und Pflegeheimen und in der Unterstützung von administrativen Aufgaben, so die SP. Gefragt seien Fachpersonen mit einer Ausbildung im Gesundheitsbereich oder einer Medizinalausbildung. Gearbeitet werden solle aber zu Niedriglöhnen.

Vor dem Hintergrund, dass das Pflegepersonal bessere Arbeitsbedingungen fordere und auf die kritische Situation in ihrem Berufsalltag aufmerksam mache, sende der Kanton damit ein «höchst fragwürdiges Signal», so Pia Engler, SP-Kantonsrätin und Vize-Fraktionspräsidentin. «Nun soll sich Fachpersonal freiwillig engagieren und helfen, die Krise zu bewältigen», kritisiert sie diese Strategie.

Auch SP-Kantonsrat und Fraktionspräsident Marcel Budmiger moniert: «Qualifizierte Arbeit muss gerecht entlöhnt werden. Mit dem angedachten Tagessold kommt man auf einen Bruttostundenlohn zwischen 16 – 21 Franken. Statt die Krise mit genügend Mitteln zu bekämpfen, betreibt der Kanton Lohndumping.»

Parteipräsident David Roth bezeichnet die Strategie auf Twitter als «Frechheit»:

Es gebe zudem zahlreiche Personen, denen ein Abrutschen in die Sozialhilfe drohe und die sich an jeden Strohhalm klammern müssten, heisst es in der Mitteilung weiter. Die Personen nun mit Niedriglöhnen auszunutzen sei unfair. Die angedachten Einsätze erschienen zudem ähnlich der Arbeit auf Abruf zu sein und seien damit zusätzlich prekär.

Graf: «Es muss sich niemand zu irgendetwas verpflichten»

Gesundheitsdirektor Guido Graf kontert die Vorwürfe der SP. Es handle sich keinesfalls um den Versuch, günstiges medizinisches Personal für die Pandemiebekämpfung zu rekrutieren. Laut Graf haben sich bereits während der ersten Welle rund 600 Personen für Freiwilligenarbeit gemeldet. Davon seien 60 bis 70 Personen auch eingesetzt worden. Jetzt, in der zweiten Welle, seien es pro Tag rund 10 bis 15 Personen, die sich beim Kanton melden würden. «Wir müssen diese Anfragen kanalisieren», sagt Graf. Das Onlineformular diene zur effizienteren Abwicklung dieser Anfragen.

Seit der Aufschaltung des Onlineformulars vom Montag hätten sich bereits rund 70 Freiwillige gemeldet, sagt Graf. Er sagt angesichts des grossen Interesses: «Weshalb soll man diesen Personen nicht die Möglichkeit bieten, sich zu melden und im Sinne einer Eigeninitiative bei der Pandemiebekämpfung mitzuhelfen, wenn dies der breiten Öffentlichkeit zugutekommt?»

Der Gesundheitsdirektor betont zudem: «Wir setzen diese Leute nicht in erster Linie ein, um die Spitzen in Spitälern sowie Alters- und Pflegeheimen zu brechen.» Sondern sie seien «allenfalls» zum Beispiel zum Einsatz in den Testzentren vorgesehen. Etwa dann, wenn das bestehende Personal nicht mehr ausreichen würde, um Schnelltests durchzuführen, oder sich das Infektionsgeschehen weiter verschlechtern würde.

Auch kleineres Pensum möglich

Laut Graf handelt es sich bei den meisten Freiwilligen, die ihre Hilfe anbieten, um «Personen im besten Alter», wie er es ausdrückt. Also zum Beispiel pensionierte Ärzte. Zur minimalen Verfügbarkeit von 50 Prozent, die vorausgesetzt wird, sagt Graf: «Für weniger als einen einzelnen halben Tag können wir kaum jemanden einsetzen. Damit es gegenseitig etwas bringt, braucht es eine gewisse Regelmässigkeit.» Es sei aber auch möglich, dass jemand, der nur 30 Prozent anbieten kann, eingesetzt werden könne, beispielsweise in einem Drive-in. Auch hier betont Graf: «Es muss sich niemand zu irgendetwas verpflichten.»

Zur Entlöhnung sagt Graf, diese sei noch durch den zuständigen kantonalen Führungsstab zu definieren. «Die Höhe ist noch nicht festgesetzt», sagt er. Wie bereits während der ersten Welle im Frühling werden die Freiwilligen laut dem Gesundheitsdirektor mit einer Tagespauschale vergütet.

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