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Nidwalden

Sonja Meiers Frauenskulpturen sind «arrogant und nicht dumm»

«Wiiber» nennt Künstlerin Sonja Meier aus Hergiswil ihre Skulpturen. Seit 15 Jahren erschafft sie diese mit viel Liebe zum Detail.
Sonja Meier, Künstlerin aus Hergiswil, und ihre «Wiiber».
(Bilder: Marion Wannemacher (Hergiswil, 13. Juli 2021))
Hier die Louis Vuitton aus der Hand von Sonja Meier.

Marion Wannemacher

Marion Wannemacher

Marion Wannemacher

Sie stehen in ihrem Atelier, im Wohnzimmer, neben dem Sofa, im Nachbarzimmer der Stube. Schön sind sie ohne Frage, manche haben Ähnlichkeit mit der amerikanischen Schauspielerin Angelina Jolie. Sie sind schlank von Figur, elegant gekleidet, «assorti», wie der Franzose sagt, mit passenden Accessoires wie Schmuck, Federboa, mondänem Hut und Handtasche. Seit 15 Jahren erschafft Sonja Meier sie. «Es ist eine Leidenschaft», sagt die 65-Jährige über den Schaffensprozess.

Sonja Meier stammt aus einer Arbeiterfamilie mit sechs Kindern. Der Vater war Gipser. Sie selber lernte keinen Beruf und wäre dabei so gern auf die damalige Kunstgewerbeschule gegangen. Doch dafür hätte sie den Sekundarschulabschluss gebraucht. Als Legasthenikerin stellte sie bald fest, dass sie einfach am liebsten Zahlen hatte. So wurde sie zunächst Datentypistin, dann Datenverarbeiterin und arbeitete sich hoch bis zur Buchhalterin.

«Ich wollte immer etwas mit den Händen machen»

Wenn Sonja Meier etwas macht, macht sie es richtig. Eine Zeit lang habe sie Mosaike gemacht, die Terrassenmauern in einem alten Chalet, in dem sie und ihr Mann Walter eine Wohnung hatten, als Gestaltungsfläche genutzt, immer wieder alte Bistrotische gekauft, später befasste sie sich mit Tiffany. Irgendwann, kurz vor dem 50. Geburtstag habe sie einen Klumpen Ton gekauft und diesen ohne Scheibe bearbeitet. «Es ist gelaufen», sagt sie schlicht. «So hat's angefangen.»

Natürlich sei der Ton gesprungen, weil er nicht gebrannt worden war. Aber Sonja Meier hatte herausgefunden, was sie glücklich macht. «Ich wollte immer etwas mit den Händen machen», erzählt sie. Wieder und wieder habe sie am Material herumgetüftelt. Sie landete bei einer lufttrocknenden Modelliermasse aus Gips, die mit Wasser angerührt wird und nach dem Trocknen wie Holz bearbeitet werden kann.

Irgendwann habe sie die erste ihrer Frauenskulpturen geschaffen, die hätten ihr einfach gefallen. Sie wurden immer detailgetreuer, aus flachen Gesichtern wurden modellierte, die Figuren wurden grösser. Mit viel Liebe zum Detail gestaltet sie heute ausserdem Accessoires wie Hüte und Handtaschen. Diese wirken auf beeindruckende Weise naturgetreu in ihrer Stofflichkeit: beim Berühren erwartet man beinahe die Haptik von Leder oder Samt. Mit einem Lächeln präsentiert Sonja Meier eine acht Zentimeter grosse Louis Vuitton.

Sonja Meier malt auch Bilder in Acryl, teilweise im impressionistischen Stil, andere wieder originell, wie jene Balletttänzerinnen mit den kugelrunden Bäuchen. Ihre Leidenschaft aber gehört den Skulpturen. Sie nennt sie liebevoll ironisch «Wiiber». Wer ihr zuhört, gewinnt schnell den Eindruck, dass diese beinahe ein Eigenleben haben. «Sie sind arrogant und nicht dumm», sagt die Künstlerin mit Augenzwinkern.

Niki de Saint Phalle als Inspiration

Ein Journalist habe sie mal gefragt, ob hinter deren extremen Schlankheit nicht etwa ein latentes Problem mit Magersucht stecke. Sonja Meier lachte nur. Und nein, sie wolle weder so aussehen noch sein wie sie. Niki de Saint Phalle habe sie immer wieder inspiriert. Nur, dass deren Figuren dick und bunt seien. Ihre seien eben einfach schlank.

Sie selber liebt nach eigenen Angaben Süssigkeiten und Muffins und so verwundert es nicht, dass sie auch Torten modelliert und ihre Figur, an der sie gerade arbeitet, ein Kleid mit Zuckerzeug als Muster trägt. Immer wieder verkauft die Künstlerin ihre Objekte an diversen Ausstellungen in der Region – meistens an Kundinnen. Sie liefere sie jeweils selber ab. Sie wolle doch wissen, wohin diese kommen. Und auch das ist schon passiert: einer einzigen Kundin, die ihr schlicht unsympathisch war, verkaufte sie keine ihrer «Wiiber». «Ich sagte ihr einfach, die seien alle verkauft, als sie nach verschiedenen fragte.»

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