notifications
Uri

So steht es in Uri um die Rechte der Menschen mit Beeinträchtigung

An der Urner Sozialkonferenz zeigte Geschäftsführer Thomas Kenel die Situation in der Stiftung Behindertenbetriebe Uri auf.
Gesundheitsdirektor Christian Arnold: «Menschen mit Beeinträchtigung haben tagtäglich mit Herausforderungen zu kämpfen.» (Bild: Markus Zwyssig (Erstfeld, 18. November 2021))
Thomas Kenel, Geschäftsführer der Stiftung Behindertenbetriebe Uri: «Wir sind erst am Anfang der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.» (Bild: Markus Zwyssig (Erstfeld, 18. November 2021))
«Es ist nicht immer einfach, etwas in Bewegung zu setzen», so Christoph Schillig, Vorsteher des Amts für Soziales. (Bild: Markus Zwyssig (Erstfeld, 18. November 2021))

Markus Zwyssig

Markus Zwyssig

Markus Zwyssig

«Menschen mit Beeinträchtigung haben tagtäglich mit Herausforderungen zu kämpfen», sagte Gesundheitsdirektor Christian Arnold am Donnerstag an der Sozialkonferenz in Erstfeld. Schwellen gäbe es überall im Alltag, insbesondere auch im öffentlichen Verkehr. «Umso wichtiger ist es, dass es solche Anlässe gibt und dass man sich einem Thema wie der UN-Menschenrechtskonvention annimmt.»

Christoph Schillig, Vorsteher des Amts für Soziales, zeigte auf, wie sich die Begriffe mit der Zeit gewandelt haben. Heute spricht man vielfach nicht mehr von Behinderung, sondern von einer Beeinträchtigung. Es sei aber nicht immer einfach, etwas in Bewegung zu setzen, gab sich Schillig überzeugt. Franz Bricker-Grepper, Geschäftsführer der Stiftung Phoenix Uri, meinte: «Es sollte selbstverständlich sein, dass man den Menschen mit einer Beeinträchtigung ihre Rechte zugesteht und dass sie nicht dafür kämpfen müssen.»

Geschäftsführer Thomas Kenel stellte die Situation in der Stiftung Behindertenbetriebe Uri (SBU) dar. «Wir sind erst am Anfang der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention», sagte er. Zuerst müsse man alle Voraussetzungen dafür erfüllen. Anschliessend mache man sich Schritt für Schritt auf den Weg. In der SBU arbeiten und leben 186 Menschen mit einer Beeinträchtigung. 77 davon sind in den drei Wohnhäusern respektive in der Aussenwohnung zu Hause. Grundsätzlich dürfen die Bewohnerinnen und Bewohner bis an ihr Lebensende bleiben, wenn dies gesundheitlich möglich ist. «Die SBU ist bestrebt, den Menschen ein selbstbestimmtes Leben in allen Lebensphasen zu bieten.» Dies betrifft verschiedene Bereiche: das Wohnen, den Zugang zu Einrichtungen, die Ausbildung, die Arbeit sowie die Mitbestimmung und die Existenzsicherung.

«Der Mensch mit Beeinträchtigung muss im Fokus stehen», erklärte Kenel. Unterstützung und Assistenz müssen für jeden Einzelnen individuell angepasst geboten werden. Die Institution dürfe dabei nicht zu einem goldenen Käfig werden. Vielmehr müsse man neben einer engen Betreuung auch loslassen können. «Die Menschen müssen trotz Beeinträchtigung ein selbstbestimmtes Leben führen können.»

Behinderung ist nicht gut oder schlecht. Sie ist einfach, zitierte Kenel Jahn Graf. Der 31-jährige Zuger ist spastisch gelähmt, betreibt einen eigenen Youtube-Kanal und war schon mehrmals in SRF-Sendungen zu Gast und hat in diesem Jahr die Sendung «Paragraf» zu den Tagesthemen der Paralympics moderiert.

Thomas Kenel betont die Bedeutung, dass Menschen mit einer Behinderung auch öffentlich präsent sind. So sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SBU beim Pop-up-Store Hit und Hiä beteiligt. Dieser befindet sich zurzeit am Rathausplatz und wandert anschliessend durch den Urner Hauptort. Eine gute Möglichkeit sei beispielsweise, «Grittibänzä» zu backen. «Diese sehen zwar ein bisschen anders aus, sind aber aus demselben Teig wie die anderen ‹Grittibänzä›.» Die «Grittibänz»-Aktion wird von der Pro Infirmis initiiert und findet zum Internationalen Tag der Menschen mit Beeinträchtigung am 3. Dezember statt. Ab 2023 wird die neue Wäscherei in Betrieb sein, welche vom Urner Volk mit einem grossen Ja-Stimmenanteil gutgeheissen worden ist.

In Zukunft werde es vermehrt darum gehen, den Menschen mit einer Beeinträchtigung ein selbstständiges Leben zu ermöglichen. «Die Institution SBU wird es weiterhin geben», so Kenel. Die Wohneinheiten werden aber kleiner und das Angebot wird sich verstärkt an den individuellen Bedürfnissen der Menschen orientieren. «Jugendliche müssen bei der beruflichen Eingliederung ihre Vorstellungen und Wünsche einbringen können», so Kenel. «Beim Sammeln ihrer Erfahrungen müssen wir sie begleiten und unterstützen.»

In der abschliessenden Diskussion zeigte sich aber auch, dass die Integration in den Arbeitsmarkt nicht immer einfach ist. In der Privatwirtschaft wehe ein harter Wind. Es sei nicht einfach, Menschen mitzunehmen, die im Alltag für eine Aufgabe etwas mehr Zeit brauchen würden. Das sei auch sonst bei Menschen mit schwächeren schulischen Leistungen schwierig. Betont wurde aber auch, dass die Arbeit der SBU vielerorts geschätzt werde. Die Urnerinnen und Urner wissen, wer die Produkte hergestellt hat.

Bei der Diskussion zeigte sich: Das Thema UN-Behindertenrechtskonvention bewegt. Bei der SBU ist man froh darum. «Wir sind zuversichtlich, dass sich Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitsmarkt in diese Richtung entwickeln.» Auch in der Politik werde das Thema auf dem Tisch bleiben, so Christoph Schillig.

Kommentare (0)