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Luzern

Sind Genossenschaftswohnungen nur für Gutverdienende? Luzerner Stadtrat gibt Entwarnung

Wer eine Genossenschaftswohnung mieten will, muss teils bis zu 30'000 Franken als Kapitaleinlage leisten. Das sei unsozial, findet die SP. Der Stadtrat beruhigt: Solch hohe Beträge seien Einzelfälle.
Das grösste Genossenschaftsneubauprojekt der letzten Jahre: Die ABL-Siedlung Himmelrich in der Neustadt. (Bild: Dominik Wunderli (Luzern, 11. Mai 2021))

Robert Knobel

Die Förderung von Genossenschaftswohnungen ist ein wichtiger Pfeiler der Stadtluzerner Wohnraumpolitik und gilt gemeinhin als soziale Massnahme. Doch die ausländische Bevölkerung sei in Genossenschaften untervertreten, die soziale Durchmischung könnte besser sein, kritisiert die SP in einem Postulat – und hat dafür eine Erklärung: Viele Genossenschaften verlangen bei Mietbeginn die Zahlung von Eigenkapital als Einlage. Das sei der Grund, weshalb sich sozial Schwächere eine Genossenschaftswohnung trotz moderater Mietzinse nicht leisten können, so die SP.

Nicht teurer als eine normale Mietzinskaution

Sind die Einstiegshürden in eine Wohnbaugenossenschaft also zu hoch? Nein, stellt der Stadtrat in seiner Postulatsantwort fest. Der überaus grösste Teil der Genossenschaften verlange nur eine geringe Einlage, vergleichbar mit einer Mietzinskaution, wie sie bei privaten Wohnungen üblich ist. Dies treffe auf rund 90 Prozent der Genossenschaftswohnungen in der Stadt Luzern zu, darunter auch bei jenen der grössten Genossenschaft, der ABL.

Doch es gibt tatsächlich einige Institutionen, die Zahlungen von 20'000 bis 30'000 Franken verlangen. Es handle sich dabei vor allem um jüngere beziehungsweise kleinere Genossenschaften, die über wenig Eigenkapital verfügen, schreibt der Stadtrat. Er nennt als Beispiele Wogeno und Wohnwerk. Doch auch dort müssen einkommensschwache Menschen nicht zwingend aussen vor bleiben. So unterhält etwa die Genossenschaft Wohnwerk einen Solidaritätsfonds, der einen Teil der geforderten Kapitaleinlage übernehmen kann.

Stadt gibt Grundstück an besonders soziale Genossenschaft ab

Im Übrigen besteht mit der Stiftung für preisgünstigen Wohnraum Luzern (GSW) eine Genossenschaft, die sich explizit der Unterstützung von «Personen mit Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt» verschrieben hat, wie es der Stadtrat ausdrückt. Die Stadt wolle der GSW denn auch helfen, ihren Wohnungsbestand zu erhöhen. So soll zum Beispiel eine städtische Liegenschaft an der Englischgrussstrasse mit zehn Wohnungen demnächst der GSW im Baurecht abgegeben werden.

Gar nichts wissen will der Stadtrat von der Idee der SP, dass die Stadt einkommensschwache Neumieterinnen und -mieter direkt unterstützt, etwa, indem sie die Kapitaleinlage übernimmt. «Das widerspricht dem genossenschaftlichen Grundgedanken», so der Stadtrat. Denn mit der Einlage ins Genossenschaftskapital werden die Mieterinnen und Mieter zu Mitbesitzern an der Genossenschaft mit allen Rechten und Pflichten. Zentral sei der Selbsthilfegedanke, den die Stadt nicht mit aktivem finanziellen Eingreifen stören wolle.

Bis 2037 müssen 16 Prozent der Wohnungen gemeinnützig sein

Die Rolle der Stadt bestehe vielmehr darin, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Genossenschaften ihren Wohnungsbestand weiter ausbauen können. Den Auftrag dazu hat die Stadt 2012 mit der Annahme der Wohnrauminitiative gefasst. Diese verlangt, dass bis 2037 mindestens 16 Prozent des Wohnungsbestands der Stadt Luzern gemeinnützig ist. Aktuell sind es etwa 14 Prozent. Die Stadt fördert den Ausbau insbesondere, indem sie den Genossenschaften Grundstücke im Baurecht abgibt.

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