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Schweizer Geschichte für Eilige: Der Generalsekretär der Zuger Finanzdirektion ist unter die Autoren gegangen

Thomas Lötscher ist Generalsekretär der Zuger Finanzdirektion. Er kann auch mit Geschichtsthemen geschickt umgehen. 

Es ist der Verdienst zahlreicher Historiker und ihnen zugewandten Menschen, dass Schweizer Geschichte sehr viel mehr ist als, die zahlreichen überdrehten fiktiven Gründungsmythen der Eidgenossenschaft.

Buch-Cover: Thomas Lötscher, Demokratie mit Zukunft.
Bild: Bild: Stefan Kaiser (Zug, 12. Januar 2023)

Hier setzt das neue Buch des Neuheimers Thomas Lötscher an. Es trägt den Titel «Demokratie mit Zukunft» und befasst sich mit der Gründungszeit der modernen Schweiz in der Mitte des 19. Jahrhunderts. In der Einleitung schreibt der Generalsekretär der Zuger Finanzdirektion, dass die Entstehung der modernen Schweiz in den Jahren 1847/48 eine «spannende Geschichte» sei. Ihm ist beizupflichten.

Der frühere FDP-Kantonsrat Thomas Lötscher würdigt, dass «visionäre Leistungen» sowie Weitblick, aber auch «Machtpoker, Kräftemessen, Zufälle und nicht zuletzt sehr viel Glück» vonnöten war, um die Schweiz, die wir heute kennen, zu gründen.

Die Helden beim Werden der modernen Schweiz kennt kaum einer

Bildungseinrichtungen trugen und tragen ein gerütteltes Mass zu diesem Zustand bei. Mit Namen wie Hannibal (Widersacher der römischen Republik im dritten Jahrhundert vor Christus), Caligula (römischer Kaiser im ersten Jahrhundert nach Christus), Dschingis Khan (mongolischer Feldherr im 13. Jahrhundert) kann der eine oder andere noch etwas anfangen. Oft auch im Zusammenhang mit Spielfilmen.

Hingegen sind Ulrich Ochsenbein (Bundesrat, 1811–1890), Friederich Frey-Herosé (Bundesrat, 1801–1873) oder Guillaume-Henri Dufour (General im Sonderbundskrieg, Kartograf, 1787–1875) für viele Menschen hierzulande eine historische Leerstelle.

1848 schafften die Zuger die Landsgemeinde. Der Landsgemeindeplatz (Bildmitte) hat seinen Namen behalten.
Bild: Bild: Stefan Kaiser (Zug, 29. September 2016)

Zu Unrecht, denn sie standen mit vielen anderen treibenden Kräften bei der Gestaltung der modernen Schweiz im Jahre 1848 in der ersten Reihe. Dieses Werden der Schweiz ab 1848, so stellt Lötscher fest, hätte ihm die Augen geöffnet: «Erschreckend viele Schweizer – nicht nur Junge – haben keine Ahnung, wie unser Bundesstaat entstand, und wie er funktioniert.» Zum Beispiel lag 1848 innerhalb von 51 Tagen eine Verfassung vor.

Was die Vorväter innerhalb von so kurzer Zeit erreicht hätten, so stellt der Autor fest, sei «eine fantastische Leistung». Ihm sei von Beginn klar gewesen, dass er keinen «dicken Wälzer» habe schreiben wollen.

Die Zuger Landsgemeinde wurde 1848 abgeschafft. Noch heute feiern die Zuger auf diesem den Geburtstag der modernen Schweiz. 
Bild: Bild: Christian Herbert Hildebrand (Zug, 1. August 2022)

Die breite Bevölkerung ansprechen

Sein Buch zur Geburtsstunde der Schweiz, so erklärt der Autor, soll «die breite Bevölkerung» ansprechen. Zwischen der Buch-Idee, so Lötscher, und dem fertigen Produkt seien vier Jahre ins Land gezogen. Sein Rezept: «Es braucht Geduld und Gelassenheit.»

Der Autor des handlichen, 156 Seiten umfassenden Buches mit dem blauen Einband – die Parteifarben der FDP – widmet auch den hierzulande geltenden Freiheitsrechten einigen Raum. Diese seien, so Thomas Lötscher, für viele Schweizer «selbstverständlich». Hier lohne sich die Überlegung, «was es bedeutet, wenn diese nicht garantiert» sei: die staatliche Willkür.

Thomas Lötscher.
Bild: Bild: PD

Lötscher liefert auch die wohl kürzeste Geschichte des Kantons Zug auf zwei Buchseiten. Eine umfangreichere Kantonsgeschichte ist mittlerweile wenigstens aufgegleist. Der Autor kommt zum Schluss, dass sein Heimatkanton eine ähnliche Verwandlung durchmachte: «Insofern stellt der Kanton Zug so etwas wie die Schweiz in der Schweiz dar.»

Alles in allem schafft es der Neuheimer sehr gut, die wilden Tage der Schweiz im Jahre 1848 zu gliedern und im historischen Kontext einzuordnen. Lesenden, die mehr in die Tiefe gehen wollen, empfiehlt Lötscher in den Anmerkungen Bücher, welche diese spannende Zeitphase voluminöser beleuchten.

Weitere Buchempfehlungen

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Büchern, die sich auf die eine oder andere Art mit dem Umbruch von 1848 befassen. Das Historische Lexikon der Schweiz ist ein guter Einstieg für Ereignisse und Biografien rund um den sich bildenden Bundesstaat.
Empfehlenswert ist auch Joseph Jungs im vergangenen Herbst erschienenes Buch über den vielseitigen Guillaume-Henri Dufour («Einheit, Freiheit, Menschlichkeit»).
Den Verfassungs-Kreations-Express zum Thema hat das Buch von Rolf Holenstein «Stunde Null. Die Neuerfindung der Schweiz 1848. Die Privatprotokolle und Geheimberichte».

Weber Verlag, Gwatt, 2022. Preis: 29 Franken.

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