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Luzern

Schillernd, vielfältig, faszinierend: Die Geschichte des Luzerner Tagblatts von 1960 bis 1991

Ein Buch beleuchtet die Geschichte einer der drei Vorgängerzeitungen der Luzerner Zeitung. Der Autor dieses Artikels ist selber Teil dieser Geschichte – und traf an der Vernissage viel Prominenz.
Lieferung einer neuen Satzmaschine im Jahr 1981 für das Luzerner Tagblatt an  der Baselstrasse 11-15. (Bild: Emanuel Ammon/Aura (Luzern, 3. Juli 1981))

Hugo Bischof

Ein Buch mit mehr als 200 Seiten im Zeitungsformat! Da muss jemand ganz schön wagemutig, wenn nicht gar tollkühn sein, um so etwas herauszugeben. Und das heute, in einer Zeit, wo Print-Zeitungen tendenziell dünner werden und Online-Inhalte dafür immer mehr ausufern – ob «fake» oder «real», lassen wir mal dahingestellt.

Emanuel Ammon ist es, der mit dem Riesen-Opus jetzt an die Öffentlichkeit tritt. Der Emmer Fotograf und Buchherausgeber hat vier Jahre lang im Archiv geforscht und mit Zeitzeugen geredet. Herausgekommen ist eine schillernde, vielseitige, faszinierende Mediengeschichte – nämlich jene des «Luzerner Tagblatts» von 1960 bis 1991. Das «Tagblatt» ist eine der drei Vorgängerzeitungen der heutigen «Luzerner Zeitung».

Journalisten-Legende Karl Lüönd und TV-Moderator Stefan Klapproth

Am vergangenen Montag fand die Buchvernissage statt, in Ammons Aura-Fotoagentur in der Visosistadt in Emmenbrücke. Ich durfte dabei sein, als früherer «Tagblättler», der im Buch am Rand selber auch in Erscheinung tritt. Ich staunte, wer sich da alles in Ammons Büro blicken liess. Die Innerschweizer Journalisten-Legende Karl Lüönd etwa, mittlerweile auch schon etwas in die Jahre gekommen, aber immer noch sprühend vor Fantasie und Tatendrang. Mit seiner Spürnase und seinem geradezu stiernackigen Sinn für Gerechtigkeit hat er als journalistischer «Jagdhund» so manche Unstimmigkeit entlarvt, gar etliche Skandale aufgedeckt.

Ebenfalls anwesend war Stephan Klapproth, der als sprachwitziger Fernsehmoderator Karriere machte. Auch André Häfliger war da, der Promi-Reporter, der mit Sophia Loren in der Disco tanzte und Lady Diana Geheimnisse entlockte. Und viele mehr noch: Wirtschaftsredaktor Markus Köchli, Sportchef Bläsi Suppiger, Kulturredaktor Fritz Schaub sowie Jürg J. Aregger, Werner Steinmann oder Ronald Joho: Sie alle verdienten beim «Tagblatt» ihre Sporen ab oder erlebten hier ihre Glanzzeiten. Gesammeltes Wissen und Erfahrung aus vielen Jahrzehnten. Da bin ich, der ich mittlerweile auch schon 35 Journalistenjahre auf dem Buckel habe, ein bisschen in Ehrfurcht erstarrt.

«Tagblättler» bleibt man für immer – weltoffen, liberal, treu -, auch wenn man vielleicht später auf manch anderer journalistischer Hochzeit tanzte. Beim Mittagessen in der vorzüglichen Viscosistadt-Kantine gabs dann jedenfalls ganz viel zu bereden.

Anekdoten, Geschichten, Reportagen: In Ammons Buch gibt es unglaublich viel zu entdecken. Vor allem die 1970er- und 1980er-Jahre sind hier breit abgebildet. Es ist die Zeit, in der auch Ammon selber für das «Tagblatt» fotografierte. Ganze Zeitungsseiten kann man nachlesen. Man staunt, wie üppig bebildert diese sind.

Von der Schreibmaschine zum Laptop

Diverse Autoren blicken im Buch zurück und äussern sich zur Entwicklung des Zeitungswesens. Inhaltlich hat sich nicht viel verändert zu heute; Journalisten bemühten sich schon damals, ihren Leserinnen und Lesern komplexe Sachverhalte verständlich zu machen – aber auch ihnen bestens unterhaltende Lesestoffe zu bieten. Technisch hats in den vergangenen Jahrzehnten rumort. Da gab es etwa die Wechsel von der Remington-Schreibmaschine zum Personal Computer oder vom Bleisatz zum Fotosatz. Fast schon eine Revolution wie vor gut 500 Jahren, als Gutenberg den Buchdruck erfand.

Das «Tagblatt» war die Zeitung der Liberalen. Daneben gab es das konservativ-katholische «Vaterland» und die gemäss eigenem Bekunden unabhängige «LNN». Das war damals streng getrennt – mit oft harten Folgen. «Wer das ‹Tagblatt› liesst, landet in der Hölle», soll es in erzkonservativen Kreisen einst geheissen haben. Diese Gefahr besteht heute nicht mehr. «Tagblatt» und «Vaterland» wurden 1991 zusammengelegt. 1995 folgte die Fusion mit der «LNN». Seither gibt es nur noch die Luzerner Zeitung.

Und wer soll das neue Buch nun lesen? Sicher Leute, die wissen wollen, wie es früher auf einer Zeitungsredaktion zu- und herging und welche Themen die Menschen damals interessierten. Aber es ist ganz einfach auch unterhaltsam, zu sehen, wie Jugi-Gäste damals aussahen, wie intensiv damals in der Festhalle Allmend gerockt wurde – oder wie schläfrig die Stimmung im Luzerner Kantonsrat manchmal war.

Emanuel Ammon: «Luzerner Tagblatt – Eine Mediengeschichte». Erhältlich für 93 Franken in Buchhandlungen und bei aurabooks.ch. Gegen Vorweisen des abopasses kann man das Buch zum Preis von 75 Franken am Empfang der Luzerner Zeitung, Maihofstrasse 76, Luzern, abholen. ISBN: 978-3-906105-14-7

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