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Luzern

Schenkon: Als der Stimmbürger zu einem Ärztezentrum Nein sagte

Vor knapp 30 Jahren lag in Schenkon ein Projekt für eine private Klinik auf dem Tisch. Doch das visionäre Zentrum war der damaligen Zeit voraus – und blieb chancenlos.
Vor fast 30 Jahren hätte Schenkon ein Ärztezentrum erhalten können. (Symbolbild: Boris Bürgisser (1. Dezember 2015)

Ernesto Piazza

Noch zwei Varianten liegen beim künftigen Spital Sursee auf dem Tisch. Einerseits geht es um den bisherigen Standort an der Spitalstrasse und andererseits um die Schwyzermatte in Schenkon. Auf letzterem Gemeindeboden stand bereits vor mehr als 25 Jahren ein Ärztezentrum zur Diskussion. Die Initianten gingen damals davon aus, dass der Bedarf nach einem kleineren, privaten, spezialärztlichen Zentrum im nördlichen Kantonsteil von Luzern gegeben sei. «Deshalb ist das Alpha-Ärzte-Zentrum von der Idee her realistisch, vom Bedarf her sinnvoll und notwendig», stand in der Informationsbroschüre.

Hauptinitiant des Schenkoner Ärzte-Zentrums war Dr. Stephan Probst. Er arbeitete damals in Sursee als Gynäkologe. Sein grosses Anliegen war, dass die frei praktizierenden Fachärzte baldigen Zugang zu den kantonalen Spitälern erhielten. In der Zeit um 1990 diente das Kantonsspital Luzern mit dem angeschlossenen Kinderspital als Zentralversorger. Die erweiterte Grundversorgung verantworteten die Kantonsspitäler in Wolhusen und Sursee. Das St. Anna war damals die einzige Privatklinik im Kanton.

30 Millionen Bauvolumen und 60 neue Betten

Die Klinik hätte auf einem 20 000 Quadratmeter grossen Grundstück in Schenkon entstehen sollen. Heute ist dieses Gebiet teilweise mit Wohnhäusern überbaut. Das Projekt bestand aus den drei Baukörpern Alpha, Beta und Gamma. Vorgesehen waren 60 Betten. 12 bis 15 Spezialärzte wollten dort ihre Patienten selber operieren und betreuen. Das Bauvolumen belief sich auf 30 Millionen Franken. Hinter dem Projekt sollen Unternehmer und Ärzte aus der Region gesteckt haben. Rund 60 neue Arbeitsplätze wurden von den Initianten versprochen.

Beim Bau Alpha waren im Untergeschoss Operationsräume für chirurgische und diagnostische Eingriffe, ein Aufwachraum, eine Patientenannahmestelle mit den Räumen für den während 24 Stunden diensttuenden Pikettarzt sowie zwei Gebärzimmer vorgesehen. Im Parterre hätte unter anderem die Verwaltung, eine Cafeteria, ein Patientenrestaurant und Aufenthaltsräume für das Personal Platz finden sollen. Auf drei Obergeschossen bestanden Pläne für die Pflegezimmer und im Dachgeschoss war ein Ort der Ruhe und Stille angedacht.

Im zweiten Gebäudekomplex, dem Haus Beta, waren auf zwei Stockwerken Behandlungs- und Besprechungszimmer für Spezialärzte geplant. Im Haus Gamma sollten auf drei Stockwerken Alterswohnungen und zusätzlicher Wohnraum – unter anderem auch für das Pflegepersonal – entstehen.

Die Initianten rechneten damit, Ende 1990 die Baubewilligung zu erhalten. Der Baubeginn war ab Mitte 1991 vorgesehen. Ende 1992/Anfang 1993 hätte das erste Gebäude, der Bau Alpha, in Betrieb genommen werden sollen.

Petition durchkreuzte Pläne

Doch es kam anders: «Das Projekt polarisierte stark», erinnert sich der ehemalige Schenkoner Gemeindeschreiber Fritz Hüsler. Die damalige Exekutive unterstützte das Projekt mit Argumenten wie dem modernen Ärztezentrum, fortschrittlichen und sicheren Arbeitsplätzen mit hoher Wertschöpfung und gut abgestimmter Architektur mit optischer Aufwertung des Gebiets. Mit dem Projekt hätte die Gemeinde auch gemeindeintern anfallende Bedürfnisse im Sozial- und Gesundheitsbereich abdecken können. «Schenkon wäre auch ein Kaufrecht für Alterswohneinheiten eingeräumt worden», sagt Hüsler. Weiter sei geplant gewesen, dass die Gemeinde innerhalb des Ärztezentrums Leichtpflegeplätze benützen darf. Heute hat Schenkon für Pflegebedürftige eine Vereinbarung mit dem Seeblick in Sursee.

Eine Petition, welche von 238 Schenkoner Stimmberechtigten unterzeichnet wurde, bekämpfte das Projekt. Die Initianten argumentierten mit weitere Spitalbetten in der Region seien unnötig, eine Privatklinik steigere die Kosten im Gesundheitswesen, leere Spitalbetten in Sursee erhöhten das Defizit oder das Grossprojekt strapaziere die Umwelt. Das Hin und Her führte zeitlich zu Verzögerungen. Denn die benötigte Gemeindeversammlung fand erst am 2. April 1992 statt. Diese musste anberaumt werden, weil das Bauland grösstenteils in der Gewerbe-, teilweise aber auch in der Wohn- und Gewerbezone lag. Das Gebiet hätte in eine Spitalzone umgezont werden müssen, für die spezielle Auflagen hinsichtlich Lärm galten. Mit 464 Personen erlebte Schenkon einen Grossaufmarsch. Die Voten seien zuweilen hoch emotional gewesen.

«Befürworter und Gegner gerieten sich in die Haare», sagt Hüsler.

Schliesslich wurde das Projekt vom Souverän mit 291 Nein- gegenüber 157 Ja-Stimmen – bei einer Stimmbeteiligung von 40 Prozent – klar abgelehnt. «Rückblickend betrachtet, hat Schenkon eine Chance verpasst», sagt Hüsler. «Denn die Befürchtungen der Gegner, das Projekt würde im Gesundheitswesen zu einer Kostensteigerung führen, erleben wir jetzt einfach auf andere Weise.»

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