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Saiten-Klassik und Perkussionsfantasie: So war das Konzert des Baarer Kammerorchesters

Das Baarer Kammerorchester (BKO) stellte sein Frühlingskonzert unter das Motto «Rituale». Das Orchester arbeitete dabei mit der Schlagzeugerin Louisa Marxen zusammen.
Rituale: So lautete das Motto, welches das Kammerorchester für sein Frühlingskonzert wählte.
Bild: Bild: Jan Pegoraro (Baar, 24. 3. 2024)

In allen Stücken, die das Baarer Kammerorchester am Wochenende in der Inwiler Kirche St. Thomas zur Aufführung brachte, war die gewählte Losung «Rituale» aufgehoben. Gemäss Duden sei ein Ritual – so wurde in der Einführung gesagt – ein «wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmässiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung».

Das Konzert selbst sei ein Ritual: die Vorbereitungen darauf, die Wahl der Kirche als zeremonieller Ort, die Übungen der Musiker gegen Nervosität, die festliche Kleidung des Publikums und der Applaus.

Zwei musikalische Schwerpunkte

Schlaginstrumente wie Trommeln oder Glocken hätten, wie es am Konzert einleitend festgehalten wurde, schon immer menschliche Rituale begleitet. Deshalb habe sich das BKO für diesen Abend mit der Profi-Schlagzeugerin Louisa Marxer zusammengetan und das Stück «Rundum» von Fritz Hauser einstudiert.

Als zweiter Schwerpunkt war Mozarts «Kleine Nachtmusik» geplant, denn diese Serenade Nr. 13 für Streicher in G-Dur KV 525 gehöre, so das Programmblatt, in das Fach «leichte Unterhaltungsmusik, die traditionell abends und oft im Freien zur Aufführung» käme. Die ausgeprägte Popularität dieser Musik seit Ende des 19. Jahrhunderts, ihre vielfältige Verwendung in TV-Werbung, Filmen und Videospielen, weist darauf hin: Sie ist zu einem Gesellschaftsritual geworden.

Trauerritual und Musikordnung

Das Anfangsstück, der kurze Trauermarsch aus Henry Purcells «Music for the Funeral of Queen Mary», ursprünglich für vier chromatische Zugtrompeten geschrieben, wurde vom BKO-Dirigenten Manuel Oswald für Streichorchester arrangiert. Er entführte das Publikum damit ins Jahr 1595, zum Begräbnisritus für die englische Königin Mary II, feierlich und langsam. Beim Da Capo setzte Louisa Marxen mit einer Trommel ein, die sie am Körper trug – von der Empore herab, «wie von ferne». Indem sie die Treppe hinabschritt und sich trommelnd an die Seite des Orchesters begab, verstärkte sich der Eindruck, dass Rituale unter anderem auch dafür da sind, kollektive Trauer auszudrücken und zu trösten.

Mit dem zweiten Stück, der «Aria» aus Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen in G-Dur, bekam das gewählte Motto einen rein musikalischen Sinn. Das Werk stellt einen Höhepunkt barocker Variationskunst dar: Die 30 Variationen spielen mit der Basslinie des Grundthemas nach einer bestimmten Ordnung. Der rituelle Charakter zeigt sich in diesem planvollen Gesamtaufbau.

Spielerische Fantasie

Für Hausers «Rundum» verteilten sich die Mitglieder des BKO im ganzen Raum, eine Violine begann mit langgezogenem Ton, andere setzten ein, ohne Noten, ohne Rhythmus oder Puls. Jeder für sich und doch alle aufeinander hörend. Marxen stand dabei und zog einen Streicherbogen an einer auf einem Ständer montierten Tschinelle entlang, dämpfte den metallenen Klang. Es gab keine Soli, keine Melodien oder beabsichtigten Harmoniewechsel. Nur Raum und schwingende Luft, in ewiger Bewegung – wie ein Mobile. Spielende und Zuhörende waren gleichsam versunken in ein gemeinsames Meditationsritual.

Nach der Mozartschen «Nachtmusik» – sehr anspruchsvoll für ein Laienorchester wie das BKO – folgte das Glanzstück der Schlagzeugerin: die Schweizer Erstaufführung von Agata Zubels Stück «Mono-Drum» (2020). Eine riesige Trommel wurde mitten ins Orchester gestellt. Marxen hob nach kurzer Konzentration die Arme über den Kopf und wedelte mit zwei Drum-Besen hörbar in der Luft, um dann über das Instrumentenfell zu streichen. Leise beginnend, nach und nach lauter, nun auch mit Fingern und Fäusten, mit Schlägeln und zwei dünnen Mikado-ähnlichen Stäbchen, bearbeitete sie das Fell, den Rand und die Aussenwand des Instruments.

Plötzlich leerte sie eine Tasche voll bunter Bälle darüber, spielte weiter, die Bälle hüpften und verstärkten den Klang zu gewitterartigem Aufruhr. Nach starken Donnerschlägen begannen sie gar wegzuspicken, ergossen sich nach und nach über den Boden, bis der letzte dort austropfte. Das akustische Erlebnis wurde so auch zum bunt-visuellen – voller Fantasie und kindlichem Spielzauber.

Mit «O Isis und Osiris» aus Mozarts Freimaureroper «Die Zauberflöte» endete das Konzert – interpretiert als «Ritual des geistigen Aufstiegs». Und mit der Zugabe, einer Repetition des anfänglichen Purcell-Trauermarsches, stieg Marxen wieder trommelnd auf die Empore und schloss so den Ring des musikalischen Rituals.

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